Die Bayern gehen am Stock

von Redaktion

OP bei Gnabry, „enges Rennen“ bei Abwehr-Stars: RB-Duell kommt zur Unzeit

VON HANNA RAIF

Münster – Ohne Kenntnis der Begleitumstände hätte man am Dienstagabend in Münster denken können, die Welt des FC Bayern sei rosarot. Die Feierlichkeiten mit den mitgereisten Fans waren nach dem 4:0 (3:0) im Pokal-Duell mit Preußen ausgiebig, die Gesichtszüge zwischen gut gelaunt und extrem erfreut. Aber irgendwo in diesem Treiben war dann halt auch Serge Gnabry zu sehen. Sein linker Arm bandagiert, seine Miene versteinert. Während sich der Rest des Bayern-Trosses über den Erstrundenerfolg unter widrigen Umständen freute, bereitete sich der Nationalspieler auf die Operation vor, die gestern folgte.

Die bittere Diagnose hatte Thomas Tuchel persönlich nach Spielende verkündet. Gnabry war nach grobem Einsteigen von Münster-Keeper Johannes Schenk (Leon Goretzka: „Glasklarer Elfmeter“) liegen geblieben und bereits in der elften Minute ausgewechselt worden, dann ging alles ganz schnell. Noch vor Abpfiff war die Gewissheit da: Fraktur der Elle im linken Unterarm, „superbitter“ sagte Tuchel, „für ihn persönlich, aber auch für uns“. Die Ausfallzeit von „mehreren Wochen“ wurde von allen Verantwortlichen angegeben, Sportdirektor Christoph Freund sprach von „einer Platte“ im Arm und möglichen Einsätzen „mit einer Schiene“. So oder so blieb der „große Wermutstropfen“, dass es für den FC Bayern – und auch für die DFB-Elf beim Neustart unter Julian Nagelsmann – erstmal ohne Gnabry gehen muss.

Die einzig gute Nachricht in dieser Misere war die Tatsache, dass der nächste Ausfall im ohnehin extrem ausgedünnten Kader die Offensive betrifft. Denn ein weiterer Verletzter in den hinteren Reihen hätte die Bayern vor deutlich größere Probleme gestellt. Schon in Münster war das Aus von Thomas Müller leichter zu verkraften als die Absagen von Matthijs de Ligt, Dayot Upamecano und Minjae Kim. Gegen den Drittliga-Aufsteiger gelang die Komplett-Rotation in der hinteren Reihe, weil alle an einem Strang zogen. Tuchel nannte die Leistung, garniert mit Treffern von Eric Maxim Choupo-Moting, Konrad Laimer, Frans Krätzig und Mathys Tel, „souverän und seriös“, er lobte „Einstellung und Ausstrahlung“. Trotzdem ist allen bewusst, dass am Samstag in Leipzig ein anderer Gegner wartet. Einer, gegen den die Bayern nach der herben Pleite im Supercup „Einiges gutzumachen“ haben, wie Goretzka betonte.

Dass der Rekordmeister ausgerechnet jetzt am Stock geht, ist bitter. Aber Tuchel meistert die Situation bisher souverän. Anstatt sich hinter dem Alibi „zu dünner Kader“ zu verstecken, nahm er in Münster die Situation an und wurde hinterher von Freund für seine Kreativität gelobt. Für einige – wie Ersatzkeeper Daniel Peretz bei seinem ersten Einsatz, wie Torvorbereiter Bouna Sarr – gab es Streicheleinheiten. Trotzdem ist es nur logisch, dass die kommenden Tage zu einem „engen Rennen“ werden. Man hofft, in Kim und Upamecano wenigstens zwei Angeschlagene spielfit zu kriegen.

Gegen die RB-Offensive wäre das nur von Vorteil. Denn die „kleine Serie“, wie Goretzka die letzten Wochen nannte, soll auch im Topspiel nicht zu Ende gehen. Sogar Uli Hoeneß, verriet Freund, „hat derzeit richtig Spaß an uns“. Logisch, dass auch der Ehrenpräsident ein breites Grinsen im Gesicht hatte. Wie alle, außer Gnabry.

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