Lena Lattwein gilt als eines der umsichtigsten und intelligentesten Mitglieder der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft. DFB-Kollegin Laura Freigang könnte sich die heute 23-Jährige, die ihr Abitur mit der Bestnote 0,7 und voller Punktzahl (900) abschloss, irgendwann sogar als Bundeskanzlerin vorstellen. Insofern hat ihr Wort in sportpolitischen Dingen schon Gewicht. Und was die Mittelfeldspielerin nach dem Island-Sieg am Dienstag zu Protokoll gab, ließ wenig Interpretationsspielraum: „Es muss eine Lösung gefunden werden.“
Gemeint hat das DFB-Superhirn die derzeit vakante Bundestrainer-Stelle. Martina Voss-Tecklenburg ist seit der verkorksten Weltmeisterschaft im Krankenstand. Was die 55-Jährige genau hat, darüber schweigen sich alle Beteiligten aus. Natürlich ist die Gesundheit Privatsache und wichtiger als jeder Job. Aber dem Verband schadet die nebulöse Kommunikation immens. Besonders jetzt, wo der einst verlässliche Medaillen- und Titellieferant in Australien böse ausgerutscht ist und auch weiter gehörig wankt. Ein(e) klare(r) Anführer(in) ist mehr denn je vonnöten. Wenn die Spielerinnen öffentlich eine Entscheidung herbeiflehen, ist es fünf nach zwölf. Immerhin der neue DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Er saß im Stadion und soll sich intensiv Anregungen einholen.
Eine deutliche Meinung hatte zuletzt auch Hans-Joachim Watzke. In seiner Rolle als DFB-Vizepräsident kritisierte er die eigene Kinderfußballreform vehement und erntete mächtig Gegenwind, selbst Präsident Bernd Neuendorf war zumindest stark irritiert und ließ einiges geraderücken. DFB-Direktor Hannes Wolf, mitverantwortlich für das neue Konzept, war gestern bemüht, das Thema weiter zu beruhigen. Verständlich aus Verbandssicht. Watzkes Aussagen aber gleich als „riesigen Gewinn“ zu bezeichnen, weil er die „Debatte weiter eröffnet hat“, mutete komisch an. Starten sollen die neuen Spielformen schon im kommenden Jahr. Die NLZs, die Basis, alle seien an Bord, versicherte Wolf. Das mag stimmen – in Teilen. Ein mit dem Autor befreundeter Jugendtrainer sagte kürzlich: „Bei den ständigen Änderungen ist es schwierig, den Durchblick zu behalten.“ Hat schließlich nicht jeder ein 0,7er-Abitur.
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