München – Am Ende war in der Neu-Ulmer Arena (fast) alles wie immer. Aus den Lautsprechern lärmte Triumphmusik, die Ulmer Basketballer begaben sich auf ihre Ehrenrunde. Szenen, angesichts derer man fast hätte vergessen können, dass es an diesem Abend nicht mehr um einen Titel, sondern schlicht um die zwei ersten Punkte der Saison gegangen war. Aber klar, in Ulm hält man den Rausch des vergangenen Frühjahrs fest solange es irgendwie geht. „Die Halle hat es wieder zurückgezahlt, was wir in der letzten Saison geleistet haben“, sagte Thomas Klepeisz nach dem 90:85 über die Niners Chemnitz.
Doch der Rausch, man ahnt es, wird nicht von Dauer sein. Denn der Überraschungsmeister zahlte den Preis, den Überraschungsteams eigentlich immer zahlen. In den Brasilianern Yago dos Santos und Bruno Caboclo, in Josh Hawley und Brandon Paul gingen genau die vier Profis von Bord, die Ulm im Vorjahr auf die Welle durch die Playoffs gehievt hatten.
Womit man in Bonn vermutlich noch ganz gut hätte leben können. Bei den Rheinländern aber nahmen kurzerhand alle Champions-League-Sieger Abschied. 13 Profis gingen, deren sechs folgten alleine Erfolgscoach Tuomas Iisalo nach Paris. 14 Neue kamen – und klar ist bislang nur: Der neue Coach hat keinen alles überstrahlenden Spielgestalter wie T.J. Shorts und Parker Jackson Cartwright, die die Bonner in den beiden vergangenen Jahren auf ihren Schultern trugen.
Bundestrainer Gordon Herbert gefällt auch so, was er sieht. „Ich glaube, dass beide Teams wieder auch den Euroleague-Clubs gefährlich werden können“, sagte er. Gleiches traut er auch den Baskets Oldenburg zu, die im Gegensatz zu Ulm und Bonn immerhin das Herz ihrer bisherigen Mannschaft halten konnten. Darunter auch Wirbelwind DeWayne Russell, der es in der Vorsaison mit 20,6 Punkten zum treffsichersten Spieler der BBL gebrach hatte.
Am ehesten gilt das aber wohl für Alba Berlin. Die Hauptstädter, in den vergangenen Spielzeiten ja ein Muster der Konstanz, haben einen Sommer des Umbruchs hinter sich. Gleich mehrere Eckpfeiler der drei Meisterschaften von 2020 bis 2022 kehrten Berlin den Rücken. Am meisten schmerzt: In Maodo Lo (nach Mailand) verlor man den wohl besten deutschen Spielmacher der BBL. Was trotz Weltmeister Johannes Thiemann oder Nationalspieler Louis OIinde die deutsche Rotation – bei den letzten Titelgewinnen das Alba-Faustpfand – doch empfindlich schwächt.
Alba löste die Situation so, wie Alba solche Situationen meistens löst: Man schickt ein junges Team ins Rennen, das sich unter dem smarten Spanier Israel Gonzalez mit vielen Freiheiten entwickeln soll. Doch Auftritte wie bei Magentasport-Cup, wo die Berliner gegen Roter Stern Belgrad und Vortus Bologna zwei deutliche Niederlagen kassierten, lassen erahnen: Der Weg ist weit.
Entwicklungen, die man in München vor dem ersten Ernstfall am Freitag (20 Uhr) gegen den Mitteldeutschen BC gelassen verfolgt haben wird. Anders als die Konkurrenz rüsteten die Bayern massiv auf. Man hat die mit Abstand beste deutsche Rotation der Liga, die in Rückkehrer Nelson Weidemann ein Point Guard aus dem erweiterten Kreis der Nationalmannschaft ergänzt. Dazu kann Neu-Trainer Pablo Laso auf reichlich namhafte internationale Erfahrung bauen. Allem voran NBA-Star Serge Ibaka, der sich am Freitag erstmals offiziell das Bayern-Trikot überstreift. Alles andere als die Meisterschaft wäre für dieses Ensemble eine Enttäuschung.