„Wir haben eine geile Mannschaft“

von Redaktion

Julian Guttau über sein Formhoch, Siegermentalität und das neue 1860-Team

München – Julian Guttau (23) ist bei den Löwen angekommen. Der Linksaußen, der vor der Saison von Freiburg II zum TSV 1860 wechselte, traf zuletzt in Ingolstadt (1:2) und auch beim so wichtigen Auswärtssieg in Halle (2:0). Vor dem Heimspiel am Samstag gegen Verl (14 Uhr) spricht Guttau im Interview über seine starke Form, über seinen ganz persönlichen Rückschlag bei der Pleite gegen Lübeck (1:2) – und er erklärt, wie es mitten in der Krise zur Aussprache ohne Trainer Maurizio Jacobacci kam.

Haben Sie schon verdaut, dass Sie ausgerechnet gegen Ihren Heimatclub getroffen haben?

Ja klar. Ich habe zwar nicht gejubelt, weil Halle mein Ex-Club ist und ich ihnen viel zu verdanken habe. Innerlich sah es aber anders aus. Mit meinem Treffer war der Deckel drauf, der Sieg war schon sehr wichtig für uns.

Es war der erste nach vier Pleiten in Folge – mit welchem Gefühl ist die Mannschaft zurückgefahren?

Wir sind ja in den Spielen davor auch immer in Führung gegangen. Es war einfach gut, dass wir wieder ein Erfolgserlebnis hatten.

Für Sie selbst läuft es wie geschmiert – in sieben Spielen trafen Sie schon drei Mal selbst, lieferten dazu noch einen Assist.

Das liest sich natürlich gut. Ich bin aber keiner, der sich darauf etwas einbildet. Mir ist wichtiger, dass ich der Mannschaft helfen kann. Wenn es mit Toren und Vorlagen klappt, freue ich mich. Sollten wir gewinnen und ich score nicht, freue ich mich aber genauso.

Und trotzdem: Anfang der Saison sagten Sie, dass Sie vor dem Tor noch effizienter werden könnten. Hat schnell geklappt, oder?

Manchmal hat man einfach Phasen, in denen es nicht läuft und man falsch steht. Andersherum kommt so ein Ball wie in Halle von Morris Schröter auf den zweiten Pfosten, ich stehe richtig, halte den Fuß hin und sage danke. So ist Fußball.

Ist es wirklich so einfach?

Man kann es wirklich nur so sagen. Es gibt keine klare Formel für so etwas. Wenn es läuft, dann läuft es einfach.

Gegen Lübeck mussten Sie einen Rückschlag einstecken, als Sie der Trainer – trotz Tor – schon in der 35. Minute auswechselte. Was dachten Sie, als Sie die Auswechseltafel mit Ihrer Nummer gesehen haben?

Ich war ehrlich gesagt schon sauer und habe nachts auch nicht gut geschlafen. Welcher Torschütze wäre das in dem Moment nicht gewesen? Das ist schon ein sch… Gefühl. Danach angefressen rumzulaufen, bringt aber auch nichts. Du kannst dem Trainer nur beweisen, dass du es verdient hast, auf dem Platz zu stehen. Ich habe danach versucht, alles reinzuhauen. Ich denke, das habe ich ganz gut gemacht.

In der Tat. Im nächsten Spiel gegen Sandhausen gehörten Sie zu den besten Löwen.

Ich habe einfach nur versucht, meine Qualitäten auf den Platz zu bringen. Das Ergebnis war dann leider trotzdem nicht so toll.

Sie klingen sehr reif für Ihr Alter. Ist diese „Jetzt-erst-recht-Mentalität“ typisch für Sie?

Naja, es kann schon sein, dass ich mit 18 Jahren auch mal ein bisschen beleidigt war, wenn ich nicht gespielt habe. Aber ich habe dann auch über die Zeit gelernt, dass es nichts bringt, den Kopf in den Sand zu stecken. Das zieht dich nur runter.

Wie bewerten Sie Ihre persönliche Entwicklung seit Ihrem Wechsel zu 1860? Sind Sie im Verein angekommen?

Auf jeden Fall. Für mich ist immer ganz wichtig, dass ich mich auch neben dem Platz wohlfühle. In der Kabine habe ich direkt gemerkt, dass super Typen dabei sind, wir eine geile Mannschaft haben. Ich muss mich wohlfühlen, der Rest kommt von alleine.

Sie haben bald 150 Drittliga-Spiele auf dem Buckel. Wie ist ihr Ansehen innerhalb der Mannschaft?

Ich glaube ganz gut. Ich bin jetzt kein Sprachrohr wie Jesper Verlaat, der Ansagen macht. Als Führungsspieler würde ich mich jetzt nicht einschätzen. Ich bin aber schon einer, der auf dem Platz alles reinhaut und sich nicht versteckt. Ich gehe mit meiner Art, Fußball zu spielen voran und will dem Spiel meinen Stempel aufdrücken.

Mit wem kommen Sie am besten klar?

Mit Marlon Frey verstehe ich mich ganz gut. Das hat von der ersten Minute an gepasst. Dazu kommen Leroy Kwadwo und Milos Cocic. In der Kabine sitze ich neben Niklas Tarnat und Jesper Verlaat. Es gibt keinen, bei dem ich sagen würde: Mit dem mache ich in meiner Freizeit nichts.

Ist das Team auf und neben dem Platz zusammengewachsen oder gibt es noch Luft nach oben?

Das klappt alles sehr gut, aber natürlich gibt es immer noch Luft nach oben. Es ist eben ein Reifeprozess. Wir werden die Inhalte des Trainers mit der Zeit noch besser verinnerlichen und uns dadurch auch verbessern. Wenn wir als Team noch mehr eingespielt sind, können wir einen richtig guten Fußball spielen. Die Qualität haben wir – individuell und auch als Mannschaft.

Nach der Pleite in Ingolstadt setzte sich die Mannschaft ohne den Trainer zusammen. Wie kam es dazu?

Wenn du vier Spiele nicht gewinnst, ist es wichtig, auch mal ein paar Dinge anzusprechen. Es war oft so, dass wir in Führung gegangen sind und uns dann den Schneid haben abkaufen lassen. Das wollten wir abstellen.

Wie lief das Gespräch ab?

Die Idee dazu hatte, glaube ich, Tarsis Bonga, der das Gespräch auch so ein bisschen geleitet hat. Wir haben uns in der Kabine am Vereinsgelände getroffen. Jeder konnte einfach mal sagen, wie er die Situation sieht. Dass die Sitzung den entscheidenden Ausschlag gegeben hat für den Sieg in Halle, glaube ich nicht. Geholfen hat es aber natürlich trotzdem.

Die Fans wünschen sich natürlich, dass es am Samstag mit einem Sieg gegen Verl weitergeht.

Das wollen wir auch. Wir gehen mit Rückenwind in das Spiel. Verl ist eine spielstarke Mannschaft. Aber ich glaube, wenn wir aggressiv in die Zweikämpfe gehen und unsere spielerischen Elemente auf den Platz bringen, dann können wir was holen.

Interview: Johannes Ohr

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