Boateng bei Bayern

Ein Schlag ins Gesicht

von Redaktion

MATHIAS MÜLLER

Manchester City (2), Liverpool (3), Monaco (2), Leipzig (3), Leverkusen (2), Manchester United (3) und am Samstag erneut Leipzig (2) – gegen jedes Topteam kassierten die Bayern in dieser Saison reihenweisen Gegentore. Da helfen bisher auch die knapp 160 Millionen Euro nichts, die die Münchner zuletzt in ihre vermeintlichen Premium-Innenverteidiger Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt und Kim Min-jae investierten. Dass sie obendrein auch nicht völlig frei von Verletzungen sind, macht die Sache knifflig. Und anscheinend so heikel, dass die Bayern-Bosse mitten in der Saison (Stichwort: Kaderfehlplanung) noch einmal handeln wollen. Besserung soll womöglich ein alter Bekannter bringen – Jerome Boateng.

Den vereinslosen 35-Jährigen, der am Sonntag schon als Gast mit den Reservisten trainierte, hatte Uli Hoeneß vor viereinhalb Jahren mit wenig warmen Worten („Ich würde Boateng raten, den FC Bayern zu verlassen“) auf die Abschussliste gesetzt. Dennoch blieb er bis 2021. Sein darauffolgendes Engagement in Lyon endete wenig glorreich, ein Pflichtspiel hat der Ex-Nationalspieler seit vier Monaten nicht mehr absolviert. Die Reaktionen der FCB-Anhänger in den Sozialen Medien sind nachvollziehbar: warum Boateng? Dennoch: Viel zu verlieren haben die Bayern nicht, könnte man sagen, wenn man ebenso wenig Fingerspitzengefühl hat, wie der Club. Denn viel schlimmer als das sportliche Fragezeichen wiegt im Fall Boateng sein zweifelhafter Charakter. Zwei seiner Ex-Freundinnen klagten den gebürtigen Berliner wegen Körperverletzung an. Die Prozesse nahmen erst nach seiner zehnjährigen München-Zeit so richtig Fahrt auf. Von Schlägen, Bissen und Drohungen ist die Rede, die Schilderungen gleichen sich. Ex-Partnerin Kasia Lenhardt (25) nahm sich nach der Beziehung und den darauffolgenden Streitereien sogar das Leben.

Wie das mit Bayerns neuem Awareness-Konzept „OBACHT“ zusammenpasst? Gar nicht. Denn der Club will nach eigener Aussage „eine Kultur des Hinsehens“ schaffen. „Übergriffiges Verhalten“ werde nicht toleriert, für die Werte „Respekt und Toleranz“ will man sich „immer und überall einsetzen“. Eine mögliche Boateng-Verpflichtung wirkt da wie ein Schlag ins Gesicht. Natürlich haben Beziehungs-Dramen oft zwei Seiten und jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient – sofern er sich geläutert gibt. Doch davon ist Boateng weit entfernt, bisher hat er jegliche Vorwürfe stets bestritten. Sofern er überhaupt persönlich zu den Gerichtsterminen erschienen ist. Also, genau hinschauen, FC Bayern.

mathias.mueller@ovb.net

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