München – Es ist noch früh in der Eishockey-Saison, vor der Halle knallt die Sonne vom Himmel, dass man nicht an Wintersport denken mag – und der EHC Red Bull München lässt noch keine Aufschlüsse zu, wohin unter seinem neuen Trainer Toni Söderholm die Reise geht. Er schafft es meist, seine Spiele zu gewinnen, wie am Sonntag 5:2 gegen Frankfurt und am Tag der Deutschen Einheit gegen die Nürnberg Ice Tigers mit 5:3 (1:2, 2:1, 2:0). Doch in jeder dieser Partien lotet der EHC auch seine Tiefen aus. „Wir sind ein Team, das am Sich-finden ist“, umschreibt Neuzugang Nico Krämmer den derzeitigen Status. „Es ist ein Zögern in unserem Spiel“, fällt dem verletzten Ben Smith aus der Außenperspektive auf. Und so setzte dem EHC mit Nürnberg ein weiteres Mal ein Gegner zu, der viel bescheidenere Mittel hat.
Die Zeiten, in denen die Franken alle ihre Personalplanungen und ihr Spiel darauf ausrichteten, München die Deutsche Meisterschaft zu vermiesen und sie selbst zu gewinnen, sind nach dem Ausstieg von Hauptgeldgeber Thomas Sabo vor ein paar Jahren vorbei. Finanziell haben sich die Ice Tigers im unteren Mittelfeld der DEL eingerichtet – und gezwungenermaßen den Jugendstil ausgerufen: Drei Spieler – Dennis Lobach, der bereits ein paarmal in die Nationalmannschaft berufene Danjo Leonhardt und Elis Hede, Sohn der Münchner Legende aus frühen EHC-Tagen, Niklas Hede – haben ihre Eishockey-Ausbildung an der Red-Bull-Akademie bekommen. Mit Marcus Weber und Niklas Treutle (gestern Ersatztorwart) haben auch zwei routiniertere Akteure eine München-Vergangenheit.
Die Nürnberger kamen voller Energie „aus der Kabine“, wie es im Eishockey-Fachjargon heißt. Sie spielten ein beeindruckend dominantes erstes Drittel, das mit 2:1 bei 14:6 Schüssen (als Auswärtsteam beim Meister!) an sie ging und in dem der EHC nur einen lichten Moment hatte, als Ben Street nach 14 Sekunden Überzahlspiel zum 1:0 traf (9.). Auf Nürnberger Seite durfte sich Cole Maier wundern, dass kein Münchner ihn auf dem Weg zum 1:1 aufhielt (11.). Das zweite Tor gelang Ryan Stoa zwei Sekunden nach einem eigentlich verlorenen Bully – Daniel Allevena, der im Tor zu seinem zweiten Saisoneinsatz kam, sah nicht gut aus (19.).
„Wir sind überhaupt nicht in das Spiel reingekommen“, meinte EHC-Verteidiger Maxi Daubner. „Im zweiten Drittel sind wir dann aggressiver vorne reingegangen und haben Scheiben erobert.“ Erst einmal aber erhöhte Nürnberg durch den Hede-Junior auf 3:1 (24.). Dass Daubner 39 Sekunden später aus einem schweren Gewurstel rund um den Ice-Tigers-Torraum mit dem 2:3 antworten konnte, hielt die Münchner im Spiel. Trevor Parkes legte das 3:3 nach (28.).
„Wir haben eine gute Moral“, nennt Maxi Daubner einen Pluspunkt. Der andere ist die individuelle Qualität: Der Kanadier Trevor Parkes hat den „scoring touch“ und bringt die Scheibe über die Torlinie – wie zum 4:3 nach feiner Vorleistung des jungen Veit Oswald (43.) vor überschaubaren 3581 Zuschauenden, unter ihnen Fußball-Bundestrainer Julian Nagelsmann.
Den Vorsprung konnte der EHC München dann verwalten, er legte noch ein Empty-net-goal (Kastner, 59.) zum 5:3 nach. Vor allem hielt man das Spiel einfach. „So sind wir zurückgekommen“, sagt Daubner. Richtig. Es bedeutet aber auch, dass der EHC lange Zeit nicht da war. Sein Manko derzeit.