Söderholms Verteidigungspolitik

von Redaktion

In der schwächelnden Abwehr muss München rotieren – Lutz bleibt in USA

VON GÜNTER KLEIN

München – Die Grizzlys Wolfsburg bestritten in der Saison 2022/23 siebzig Spiele, 56 in der „regular season“ der Deutschen Eishockey Liga (DEL), 14 in den Playoffs. Dominik Bittner verpasste kein einziges. In diesem Sport ist das, Unversehrtheit vorausgesetzt, völlig normal. Im Grunde kann ein Trainer seinen gesamten Kader aufs Eis bringen, der Konkurrenzkampf spielt sich auf einer anderen Ebene ab: Wer schafft es in die „special teams“ für Über- und Unterzahl, wer bekommt wie viel Eiszeit?

Am Dienstagabend musste Bittner (31), als Nationalspieler nach München gewechselt, eine neue Erfahrung machen: Er spielte nicht, für ihn gab es keinen Platz in der Aufstellung. Weil unter den 21 Akteuren, die ein Trainer nominieren darf, drei Feldspieler unter 23 Jahren sein müssen, können nicht alle, die älter sind, auflaufen. Coach Toni Söderholm muss also die Rotation in Gang setzen. Im Verlauf der bisher sieben Spieltage traf es die Angreifer Markus Eisenschmid und Andreas Eder, den Allrounder Maxi Daubner sowie die Verteidiger Andrew MacWilliam (zweimal), Adam Almquist und nun eben Bittner. In der Offensive ist die Rotation nach der Verletzung von Ben Smith ausgesetzt, in der Abwehr jedoch muss derzeit immer ein spielbereiter Profi auf die Tribüne.

„Das ist ein positives Problem, das wir im Moment haben“, sagt Söderholm und erläutert seine Entscheidungsgrundlagen: „Ein bisschen Bauchgefühl, ein bisschen Performance, ein bisschen der Gegner, ein bisschen der Spielplan.“ Er sagt, er kommuniziere das offen, „damit die Spieler wissen, wo sie stehen“. Vorteil der Situation, wenn man gerade viele Spiele hat (das nächste heute gegen Iserlohn): Er könne „alle frisch halten“.

Doch die Realität ist auch, dass der EHC Red Bull München in der Defensive eben nicht frisch daherkommt. Der Nürnberger Tim Fleischer sagte am Dienstag nach der 3:5-Niederlage seiner Ice Tigers, „dass wir eigentlich Chancen hatten, um mit drei, vier Toren zu führen“. Söderholm selbst hat auch schon moniert, dass bisweilen „Schussbahnen nicht zugestellt werden“. In der Fangquote seiner Torhüter Mathias Niederberger und Daniel Allavena liegt der EHC mit 88,89 Prozent auf Platz elf der Liga, mit 22 Gegentreffern hat er über drei pro Match kassiert. Mangelt es etwa an Qualität in der Abwehr?

Die Münchner haben Spieler verloren: Maksymilian Szuber, der unter das U23-Kontingent fiel, unterschrieb bei den Arizona Coyotes, Daryl Boyle, der EHC-Rekordspieler, wechselte nach Schwenningen; im Sommer verabschiedete sich überraschend Zach Redmond. Der eilig nachverpflichtete Schwede Almquist kann ihn offensichtlich nicht ersetzen, und dass der EHC von seinem Schwesterclub Salzburg den schwergängigen MacWilliam zurückholte, erstaunte einige in der DEL. Konrad Abeltshauser, der bayerische Coverboy des Clubs, setzt seinen fast zwei Meter langen Körper kaum ein. Jakob Weber, der als U 23-Spieler in den Kader gerutscht ist, wird nur verhalten eingesetzt (6:38 Minuten pro Spiel).

Noch ohne Saison-Einsatz für den EHC ist Julian Lutz. Und das wird auch so bleiben. Der 19-jährige Stürmer wird für die Green Bay Gamblers, die Junioren-Franchise der Arizona Coyotes, spielen, die ihn vor einem Jahr gedraftet haben, ihn aber noch nicht als reif für NHL oder Farmteamliga AHL bewerten. „Julian will im Juniorenbereich nochmals Schwung holen“, so EHC-Sportdirektor Christian Winkler, „ab 1. Mai 2024 gehört er wieder zu unserem Kader.“

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