WM-Vergaben 2030 und 34

Der Wille des Präsidenten

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Eines muss man der FIFA lassen: Sie beschäftigt gute Texter, die noch den abstrusesten Auswuchs als glanzvolle Idee und allersinnvollste Notwendigkeit verklären können. Die Fußball-WM 2030 wird also die umfassendste, globalste, eine den Geist der Historie wie nie zuvor atmende sein. Sechs Länder, drei Kontinente, große Geburtstagsparty für 100 Jahre Weltmeisterschaft am Ort, an dem alles begann.

Natürlich ist dieser Mammutplan totaler Quatsch, denn er sorgt nicht nur für unnötige Reisebewegungen, die nicht zum Konzept eines umweltverträglichen, idealerweise klimaneutralen Turniers passen, sondern auch für sportliche Ungerechtigkeiten. Einige Teams werden mit Zeitverschiebung und Langstreckenflügen behelligt werden, müssen ihre Vorbereitung auch ganz anders ausrichten.

Skandalös ist die Entscheidung, mit der die Welt am Mittwoch überrascht wurde, aber noch aus ganz anderen Gründen. Denn wieder ist die FIFA zur Mauschel-Höhle geworden, die sie nach der Ära Blatter, die in der Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 22 vor dreizehn Jahren nicht mehr sein wollte. Wo eine WM stattfindet, würde die Vollversammlung aller Mitgliedsverbände (über 200) entscheiden und das Abstimmungsverhalten offengelegt werden – so handhabte man es erstmals für 2026. Und nun: Sagt doch wieder ein kleiner Kreis von 37 Leuten, der FIFA-Rat, vormals das berüchtigte Exekutivkomitee mit 25 Personen, wie die Sache zu laufen hat. Oder ist es eigentlich nur wieder die eine Person, die ihren Willen durchsetzt: Gianni Infantino, der Präsident?

Sieht ganz so aus. Mit der Vorab-Vergabe 2030 befriedigt er den fachlich besten Bewerber Spanien (mit Portugal und Marokko) und hält die Südamerikaner, die so etwas wie einen nostalgisch-moralischen Anspruch gehabt hätten, still. Vor allem aber räumt Infantino den Termin 2034 frei. Bewerben dürfen sich nur Mitglieder aus Asien und Ozeanien. Australien, das nach der Frauen-WM die Sympathien der freien Welt hätte, wird wissen: Gegen Saudi-Arabien anzutreten, kann es sich schenken. Keine Chance. Gianni Infantino hat es also hinbekommen, dass das Land, das ihm noch näher steht als Katar, in absehbarer Zeit die ganz große Soloshow bekommt – ohne alibimäßig, wie das erste Pläne für 2030 vorgesehen hatten, Ägypten und Griechenland einbinden zu müssen. um die kontinentale Rotation auszuhebeln. Die Vergabe für 2030 ist eigentlich die für 2034 – perfide.

Guenter.Klein@ovb.net

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