Die Bundestrainer-Premiere ist geglückt: Julian Nagelsmann hat als Chefanweiser der Nationalmannschaft seinen ersten Härtetest mit Bravour gemeistert – und gegen die US-Auswahl mit 3:1 gewonnen. Es scheint so, als hätte der Neue in seiner kurzen Amtszeit bereits aus den Fehlern von Vorgänger Hansi Flick gelernt. Beispiele gefällig? Nagelsmann verzichtete auf taktische Experimente auf dem Platz und schickte sein Team mit einer klaren Grundordnung aufs Feld: Defensiv im 4-2-3-1 und offensiv im 4-2-2-2. Und um das Angriffsspiel anzukurbeln, ließ der Nationaltrainer die jungen Wilden Jamal Musiala und Florian Wirtz gemeinsam wirbeln.
Beide sind erst zarte 20 Jahre alt. Nagelsmann weiß sehr wohl, dass es Straßenkicker wie Musiala und Wirtz sind, die mit ihren fußballerischen Ausnahmefähigkeiten für die besonderen Momente im deutschen Spiel sorgen – und dadurch im Alleingang eine EM-Euphorie im eigenen Land entfachen können. Ähnlich wie es beim Confed Cup 2005 und ein Jahr später bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski taten. „Wir haben eine gute Beziehung. Wir sind gute Freunde. Auf dem Platz haben wir immer Freude. Wir kombinieren und haben Spaß, Fußball zu spielen“, sagte Musiala über seinen kongenialen Partner.
Während die Nationalmannschaft unter Flick als Wohlfühloase lockte, zieht Nagelsmann im Hinblick auf das Heim-Turnier die Zügel an – und schreckt auch nicht vor sportlichem Klartext zurück. Ein freier Tag nach dem Sieg über die USA und den jüngsten Reisestrapazen? Fehlanzeige! „Einen halben Tag frei gebe ich ihnen nicht. Vielleicht mal ein Stündchen. Wir sind jetzt auch nicht zum La-Paloma-Pfeifen da. Jetzt haben wir ein Spiel gewonnen. Und es wäre ganz gut, wenn wir auch noch das zweite gewinnen“, erklärte der Bundestrainer voller Tatendrang.
Im gleichen Atemzug kündigte er an, in den kommenden Einsätzen am Mittwoch gegen Mexiko und beim Länderspiel-Doppelpack im November gegen die Türkei und Österreich, eine Stammelf finden zu wollen: „Irgendwann beginnen wir, eine erste 15 einzuspielen. Es wird keine erste Elf sein, weil wir bei der EM mehr als elf Spieler brauchen.“ Die Zeiten der Experimente sind unter Julian Nagelsmann endlich vorbei. Der Neue hat clever losgelegt, jetzt muss er diesen Kurs halten.
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