Philadelphia – Im Teamhotel gleich neben der University of Pennsylvania doktert Julian Nagelsmann an seinem Dortmund-Code. Natürlich will der neue Bundestrainer gegen Mexiko gleich noch einmal gewinnen und die Amerika-Tour der Nationalmannschaft nach dem 3:1 zum Gute-Laune-Start gegen die USA mit einer perfekten Bilanz zu Ende bringen. Das wäre für den 36-Jährigen auch ein schneller persönlicher Triumph im neuen Amt und der ersehnte Mutmacher für die wieder zuversichtliche Fußball-Nation acht Monate vor der Heim-EM.
Doch wird Nagelsmann sein bestes Team aufbieten? Der DFB-Chefcoach steht vor dem ersten diplomatischen Balanceakt seiner noch frischen Amtszeit: Wie viele BVB-Profis werden im Lincoln Financial Field in Philadelphia zu nachtschlafender deutscher Zeit am Mittwoch (2 Uhr/ARD) dabei sein? Und zwar unabhängig von dem Privatflieger, den die Borussia zur schnelleren Heimkehr ihrer vier Profis plus US-Boy Giovanni Reyna für eine angeblich sechsstellige Summe extra nach Amerika schickt.
Mats Hummels hat eine Antwort für Nagelsmann. Er will ganz sicher spielen. Erstens, weil er nach zwei Jahren Pause „Bock“ auf Länderspiele hat. Und zweitens, weil er gerade mit den Mexikanern noch eine richtig große Rechnung offen hat.
Die Erinnerungen gehen zurück ins Jahr 2018. Moskau. Luschniki-Stadion. 17. Juni. Damals hieß zum WM-Auftakt der Gegner ebenfalls Mexiko. „Die Mexikaner sind eine gute Mannschaft, meine letzte Begegnung lief für mich persönlich wie für uns als Mannschaft nicht gut. Da wollen wir wieder einen erfolgreichen Test machen“, kündigte Hummels (34) eine kleine Revanche für das 0:1 von damals an.
Hummels weiß natürlich, dass sich die Geschichte nicht revidieren lässt. Der Auftakt-Schock für den seinerzeit amtierenden Weltmeister war nur der Anfang einer schmerzenden Talfahrt der DFB-Elf mit drei Turnier-Enttäuschungen in Serie. Aus der Startelf von damals ist neben Hummels nur dessen Langzeit-Kumpel Thomas Müller (34) im aktuellen DFB-Kader. Julian Brandt wurde vom damaligen Bundestrainer Joachim Löw eingewechselt und traf spät den Pfosten.
Für Nagelsmann sind das alles Geschichten von gestern. Für ihn geht es um das Mexiko von heute und nicht das Mexiko von 2018 – auch wenn der damalige Siegtorschütze Hirving Lozano wieder flink über die linke Seite für Gefahr sorgen kann.
In der WM-Arena für 2026 in der fußballbegeisterten Metropole von Pennsylvania werden mehr als 50 000 mexikanische Fans erwartet. „Mir war nicht bewusst, dass das ein Hexenkessel wird. Aber dann freue ich mich sehr darauf. Ich liebe ja die Atmosphären. Heimspiele sind geil, aber auswärts hat das einen besonderen Touch“, sagte Hummels.
Dass Mexiko mit und ohne Fan-Hilfe stärker einzuschätzen ist, als die flinken, aber zu harmlosen US-Boys, weiß Nagelsmann. „Sie sind eine andere Mannschaft als die USA. Sie spielen ein bisschen schneller in die Tiefe, die Bewegungen sind schneller. Es ist eine andere Struktur und ein anderes Spiel. Aber das ist gut, wenn wir gegen zwei unterschiedliche Gegner spielen“, sagte der 36-Jährige. „Im Pressing können wir noch zulegen“, forderte Nagelsmann.
Mit der Personalie Hummels ist sein Puzzle auch noch nicht gelöst. Niclas Füllkrug aus der Startelf zu nehmen, wäre aus Nagelsmanns Sicht schmerzhaft. Der Neu-Dortmunder liefert verlässlich Tore. Müller wäre in seinem dann 125. Länderspiel die Alternative. Niklas Süle und Julian Brandt kamen gegen die USA nur als Joker zum Zug, die Kraft sollte also reichen für ein Länderspiel und das Bundesliga-Duell mit Werder Bremen am Freitag.
„Ich werde ein bisschen was verändern, weil ich alle auch mal im Spiel sehen will“, sagte der Bundestrainer mit Blick auf die Mexiko-Partie. Darüber hinaus steht fest, dass Ilkay Gündogan auch bei einer Rückkehr von Manuel Neuer Kapitän bleiben wird. „Ich habe viel zu ihm gesagt. Er ist einer, der nie herumschreit, da bin ich sehr zufrieden“, sagte Nagelsmann.