Im Netz geht es immer harsch zu, auch in ja eigentlich banalen Fragen rund um den Fußball – doch der Sonntag brachte noch einmal eine Steigerung an Kontroverse, die unerbittlich geführt wird. Es geht um Noussair Mazraoui, der Spieler des FC Bayern und der marokkanischen Nationalmannschaft ist und den der Nahost-Krieg beschäftigt wie uns alle dieser Tage. Mazraoui ist Muslim und Mitglied eines Nationalteams, das bei der WM seine arabische Identität stolz gelebt und dafür auch westliche Anerkennung bekommen hat. Er bewertet die jetzigen Geschehnisse aus palästinensischer Warte – in einer Form, die radikal ist. Mazraoui teilt Inhalte, die das Existenzrecht des Staats Israel negieren. Eines Staats, aus dem sein Mitspieler in München, der Torhüter Daniel Peretz, stammt. Bayern-Fans fordern für Mazraoui, obwohl er sportlich gerade ziemlich wichtig ist, sofortige Konsequenzen bis zur Entlassung. Denn schließlich hat ihr Verein durch den früheren Präsidenten Kurt Landauer eine jüdisch geprägte Geschichte.
Wie sollen die Bayern sich in dieser Causa verhalten?
Es ist eine Problematik entstanden, die kaum ohne Schaden aufzulösen und zu groß für einen Sportverein, auch einen der bedeutendsten, ist. Denn auch die viel höhere staatliche Ebene befindet sich in einem Spannungsfeld: Deutschland als Verursacher jüdischen Leids muss immer an der Seite Israels stehen, sollte sich aber nicht notwendiger humanitärer Hilfe in palästinensischen Gebieten verweigern. Für den FC Bayern muss klar sein, dass seine Positionierung gegen Antisemitismus nicht zu verhandeln ist, und darauf war bei ihm auch immer Verlass. Die Bayern haben ihre Geschichte als Verpflichtung erkannt, sie sind immer vorne mit dabei, wenn es um Erinnerungskultur geht. Aber auch sie haben mit dem Feuer gespielt und viel Geld aus einem Land, aus Katar, genommen, das sich nun zwar bemüht, eine vermittelnde Partei zu sein in einer schweren Auseinandersetzung – die sie aber als Unterstützer der Hamas mutmaßlich mitfinanziert hat. Und über den „Visit Rwanda“-Deal ist der FC Bayern mit Katar immer noch verbandelt.
Was so sehr schmerzt an allem, was wir erleben, ist die Bereitschaft zur Entmenschlichung des Gegners. Dem kann nur über die Begegnung im ideologiefreien Raum Einhalt geboten werden. Der FC Bayern sollte Noussair Mazraoui seinem Mitspieler Daniel Peretz gegenüberstellen, ihm sagen: „Das hier ist dein Berufskollege, dein Teamkamerad, mit dem du eine Zielsetzung teilst. Willst du ihn anerkennen oder auslöschen?“ Mazraoui sollte sich erklären dürfen. Doch wenn er tatsächlich Terror befürwortet, wie er in Israel geschehen ist, kann er den FC Bayern nicht länger repräsentieren.
Guenter.Klein@ovb.net