Machtkampf in Bullen-Imperium

von Redaktion

FORMEL 1 Teamchef Marko will Berater Marko loswerden – doch der hat mächtige Freunde

VON RALF BACH

München – Das Leben bei Red Bull könnte vor dem Großen Preis der USA am Sonntag in Austin so schön sein. Max Verstappen steht schon das dritte Mal in Folge als Weltmeister fest, den Konstrukteurstitel haben die Österreicher eben so bereits in der Tasche. Dennoch ist den Bullen nicht zum Feiern zumute. Grund sind interne Machtkämpfe. Red-Bull-Racing-Teamchef Christian Horner (49) hat einen Streit bei den Bullen angezettelt, um die totale Macht im Formel-1-Bereich an sich zu reißen. Nur noch Teamchef zu sein, reicht dem ehrgeizigen Briten nicht mehr.

Horner, so wird hinter den Kulissen erzählt, will auch das Sagen beim Juniorteam Alpha Tauri haben und damit in Zukunft bestimmen, welche Piloten – auch im erfolgreichen Nachwuchsbereich – Verträge erhalten. Dafür muss er Dr. Helmut Marko (80) loswerden, den Vertrauten des vor einem Jahr verstorbenen Firmengründers Dietrich Mateschitz. Marko war bei Mateschitz der unumstrittene Chef der Red-Bull-Formel-1-Aktivitäten. Und ist es zum Ärger von Horner auch immer noch beim neuen Boss Oliver Mintzlaff (48), dem Deutschen, der testamentarisch von Mateschitz als sein Nachfolger bestimmt wurde und deshalb von RB Leipzig zur Konzernspitze gewechselt ist.

Unsere Zeitung erfuhr, wie Horner den Umsturz geplant hatte und immer noch plant: Nach dem Tod des Patriarchen aus der Steiermark machte er sich das kurzfristige Machtvakuum zunutze und biederte sich beim thailändischen Red-Bull-51-Prozent-Mehranteilseigner Chalerm Yoovidhya an. Als er sich dessen Unterstützung sicher war, wollte er seinen Landsmann Bradley Lord -– der Mercedes-F1-Pressechef hatte sich im Winter bei Horner um die Stelle des Alpha-Tauri-Teamchefs beworben – als Person seines Vertrauens als Nachfolger des Ende diesen Jahres in Rente gehenden Österreichers Franz Tost platzieren. Als das nicht klappte, machte er sich für Ex-FIA-Mann Peter Bayer stark.

Dumm nur, dass Marko die ersten Gespräche mit Bayer geführt hatte, um das Nachwuchsteam auch in Zukunft gut organisiert aufzustellen. Alleine: Er wollte zum Ärger von Horner dem Marketingmann nicht alleine die Verantwortung für das Team überlassen, bei dem die Champions Sebastian Vettel und Max Verstappen ihre Formel-1-Fahrschule absolviert haben. Daher setzte der Grazer ihm für 2024 Ex-Ferrari-Sportchef Laurent Meckies als gleichberechtigten Partner an die Seite. Während sich Bayer zukünftig um Vermarktung und Organisation kümmert, wird Franzose Meckies fürs Sportliche zuständig sein.

Doch Horner ließ nicht locker. Immer wieder lancierte er besonders bei der englischen Presse, dass Marko nicht mehr das Vertrauen der Thailänder und der neuen Red-Bull-Führung genießen würde und die ihn deshalb loswerden wollten. Intern streitet Horner zwar alles ab, doch daran zweifelt man im Konzern. Unsere Zeitung erfuhr: Bei einem Gespräch zwischen Mintzlaff und Marko wurde nicht nur über Horner und dessen Rolle gesprochen, sondern Mintzlaff, der in Austin vor Ort sein wird, machte noch einmal klar, dass Marko sein Vertrauen genießt. Offiziell sagt Marko unserer Zeitung: „Wir sollten jetzt alle Ruhe bewahren und an unser Kerngeschäft denken. Ich habe bis Ende nächsten Jahres einen Vertrag mit Red Bull. Danach wird man weitersehen. Es liegt aber denke ich an mir, ob und wie es dann weitergeht. Ich habe auf jeden Fall in letzter Zeit viel Unterstützung bekommen und das hat mich sehr gefreut.“

Besonders die Loyalität zu Marko von Superstar Max Verstappen könnte Mintzlaff dazu zwingen, personelle Konsequenzen zu ziehen und dafür zu sorgen, dass der momentane Zwergenaufstand Horners nicht doch noch zum Flächenbrand wird. Verstappen machte in persönlichen Gesprächen sowohl beim thailändischen Boss als auch bei Mintzlaff unmissverständlich klar: Sollte Marko gehen, wäre auch er weg. Das Problem sei Christian Horner.

Letzterer redete daraufhin den Machtkampf klein und sagte dem „Mirror“ bezüglich Marko: „So lange er weitermachen will – er ist ein sehr rüstiger 80-Jähriger – sehe ich keine Veränderung in unserer Zusammenarbeit.“ Gelegentliche Meinungsverschiedenheiten mit Marko seien „gesund“. Da soll der Zwist offenbar ganz harmlos klingen. Ist er aber nicht.

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