Philadelphia – Seine erste große Abenteuerreise als Bundestrainer ging gerade zu Ende, da schmiedete Julian Nagelsmann hoch über dem Atlantik bereits Pläne für die nächsten Ziele. „Er hat schon neue Ideen, das weiß ich“, sagte Sportdirektor Rudi Völler nach dem „absolut positiven“ US-Trip über den „Glücksfall“ Nagelsmann, ehe der neue Chef mit LH 411 von New York zurück nach München flog – im Gepäck: viel Lust auf mehr.
„Ich freue mich schon auf den November“, sagte Nagelsmann nach seinem teilweise verheißungsvollen Start mit ein paar Wacklern und versprach der seit Jahren darbenden Fußball-Nation: „Bis zum Turnier müssen die Dinge alle sitzen – und bis dahin werden sie alle sitzen. Ich weiß, dass wir erfolgreich sein werden.“ Obwohl das wilde 2:2 (1:1) gegen Mexiko zum Abschluss der Reise zeigte, dass auch Nagelsmann kein Wunderheiler ist. „Wir wissen, dass wir manche Dinge besser machen können“, sagte er. Und das war ihm im Lincoln Financial Field auch anzusehen, wenn er seinen diesmal in einen unauffälligen dunklen Rollkragenpullover gekleideten Oberkörper mal wieder gequält nach hinten bog. Doch Völler war in den zugigen Katakomben des Stadions der Philadelphia Eagles voll des Lobes. „Julian Nagelsmann war genau der Richtige – auch mit seiner Art, an Dinge ranzugehen“, schwärmte er.
Zumindest hat der neue Chef nach der bleiernen Spätphase unter dem glücklosen Hansi Flick gleich für einen neuen Geist gesorgt. Er habe zu Beginn seiner Amtszeit auf dem Weg zur Heim-EM eine Stimmung erzeugen wollen, „dass jeder kommt und sagt: Es macht Spaß, in dieser Truppe zu spielen“, erklärte er: „Mit diesem Gefühl fliegt jeder nach Hause.“ Die vier Dortmunder mit Rückkehrer Mats Hummels, der gegen die USA (3:1) sofort wieder seinen Wert gezeigt hatte, und „Mr. Zuverlässig“ Niclas Füllkrug machten den Anfang. Weil sie bereits am Freitag gegen Bremen in der Liga spielen, ging es für sie direkt nach dem Spiel im Privatjet nach Hause. Die Legionäre um Kapitän Ilkay Gündogan reisten am Mittwochvormittag ab, nachmittags folgte die Reisegruppe mit Nagelsmann und den Bayern-Profis, die nach München flog, sowie eine weitere von Newark nach Frankfurt.
Der Bundestrainer packte ihnen allen eine Riesenportion EM-Optimismus ein. Diese Mannschaft sei „extrem willig“, lobte der „extrem optimistische“ Bundestrainer, und er wechselte in Superlative: „Noch nie“ habe er ein Team trainiert, „das so schnell schon Dinge umsetzt, ich bin absolut begeistert.“ Er glaubt nach dem Speed-Dating in den USA fest an den Erfolg seiner EM-Mission. Daran änderte auch das phasenweise „fahrlässige“ Defensiv-Verhalten (Völler) gegen Mexiko nichts. „Ich bin davon überzeugt, dass wir unser Heil in der Offensive suchen müssen“, sagte Nagelsmann, „aber wir wollen versuchen, weniger Angriffe gegen uns zu kriegen, das ist der Schlüssel.“ Dazu brauche es vor allem „mehr Verantwortungsbewusstsein“.
Ansetzen will er hier im November bei seiner Heimpremiere gegen die Türkei in Berlin und im Duell mit den Österreichern seines einstigen Ziehvaters Ralf Rangnick in Wien. „Da geht es dann vor allem um defensive Dinge“, sagte er. Sorgen aber mache er sich „keine. Ich habe eine totale Einheit gesehen, sowohl im Hotel als auch auf dem Platz.“ Beim nächsten Mal, versprach Nagelsmann, werden die Fans „eine weiter verbesserte Mannschaft sehen“. Womöglich eine mit Manuel Neuer. sid