Toronto – Die Fans in Toronto haben gesprochen. In einer Internet-Umfrage mit weit über 1000 Teilnehmern wählten 40 Prozent Dennis Schröder aus, als es um den Neuzugang der Raptors ging, auf den sie sich am meisten freuen. Nun könnte man zynisch anmerken, dass hinter dem einzigen NBA-Team aus Kanada kein besonders erfolgreicher Transfersommer liegt. Das Portal „The Athletic“ hat sich gerade noch durchgerungen, die Transaktionen der Raptors mit einer gütigen drei minus zu zensieren. Dennis Schröder war da schon der größte Fang, erst Recht nach seinen Heldentaten für Deutschland bei der Weltmeisterschaft. Der Aufbauspieler aus Braunschweig kehrt als bester Spieler des Turniers nach Nordamerika zurück. Aber das hat da drüben eh noch nie einen interessiert. Das ist nicht mehr als eine erwähnenswerte Notiz in der Fernsehübertragung. So war das schon immer. Die NBA, die nach ihren eigenen Regeln diesen Sport spielt, hält sich selbst für das Größte im Basketball-Universum. Sie kommt an erster Stelle. Danach lange nichts. Und irgendwann der Rest der Welt.
In der Nacht auf Mittwoch startet die neue Saison in der NBA, die 78. mittlerweile. Und die Toronto Raptors werden mal wieder nur Randfiguren darstellen. Wie sie das die meiste Zeit ihres Daseins erlebt haben. Nur einmal, 2019, als sie sich Superstar Kawhi Leonard für ein Jahr borgten, stiegen sie empor und dominierten für ein paar Monate die Schlagzeilen inklusive Meisterschaft. Seitdem wartet man auf den nächsten Erlöser, auf einen Top-Star. Vor allem wartet Manager Masai Ujiri darauf, der als einer der Besten seines Berufsstands gilt. Skrupellos, wenn es um Tauschgeschäfte geht. Aber zuletzt auch ein Stück zu hartnäckig. Ujiri hortet seit Jahren seine Vermögenswerte, begabte junge Spieler, Draft-Rechte für künftige Talente, derlei Dinge, ohne sie einzutauschen. So wird auch dieses Jahr der Raptors nicht vom Sportlichen dominiert werden, sondern von zwei Fragen: Wann zieht Masai Ujiri endlich den nächsten ganz großen Fisch an Land? Oder, falls keiner aus dem Orbit der Stars greifbar ist: Wann verramscht er seine besten Leute zu ordentlichen Preisen? Auch Dennis Schröder kann sich nicht sicher fühlen, irgendwann in einem Tausch-Paket zu landen.
Fürs Erste jedoch landet er in einer komfortablen Umgebung. Toronto brauchte dringend einen Aufbauspieler, garantierte Schröder viele Minuten. Garniert wurde das Angebot mit 25,4 Millionen Dollar für zwei Jahre. Mehr als er in Los Angeles bei den Lakers bekommen hätte. Auch wenn’s ihm und der Familie dort gut gefiel. Nun heißt’s bye, bye Beach und willkommen im kalten Norden. Die Entscheidung pro Toronto beeinflusste dann noch der neue Coach, Darko Rajakovic. „Darko war der erste Grund, warum ich gekommen bin“, ließ Schröder bei seinem Antrittsbesuch in Toronto verlauten. Das Geld einmal ausgeklammert. Aber das sagt natürlich keiner bei dieser Gelegenheit. Die Vergangenheit der beiden reicht fünf Jahre zurück, als sie gemeinsam bei den Oklahoma City Thunder angestellt waren, Schröder als Bankspieler Nummer eins, der Serbe als Assistenztrainer.
Über Rajakovic hört man oft, welche Wärme er aussendet, wie gut er sich mit seinen Spielern versteht. In Memphis, wo er zuletzt arbeitete, läutete er bei seinem Zögling Jaren Jackson an der Haustür, um ihm persönlich zur Auszeichnung zum Verteidiger des Jahres zu gratulieren. Solche Geschichten erzählt man sich zuhauf über den Serben. In Toronto, seine erste Stelle als Chefcoach, soll er ein paritätisches System installieren. Nachdem der Club keinen Superstar beschäftigt, soll das die Mannschaft sein.
Das sind gute Nachrichten für Schröder, erinnert das doch an die Komposition der deutschen Nationalmannschaft bei der WM. Einen Titel haben sie ihm hoch im Norden schon einmal verliehen: schnellster Spieler der Clubgeschichte. Ein Grund, warum sich die Fans schon auf den Neuen freuen.