Berlin – Jaron Siewert pustete tief durch, nach dem kräftezehrenden und „extrem schweren“ Europapokal-Auftritt gegen Chambery (24:22) am Dienstagabend sehnte sich der Coach der Füchse Berlin wie seine malträtierten Mannen nach einer Spur Erholung. Doch: Pustekuchen. Nur 46 Stunden nach Abpfiff in Europa wartet auf Siewerts Füchse das Topspiel der Handball-Bundesliga gegen die ebenfalls hoch belastete MT Melsungen.
Die Terminhatz gönnt den beiden Teams der Stunde keinerlei Gnade. „Wir machen einfach weiter, egal, wie weh es tut. Wir wollen im nächsten Spiel wieder zwei Punkte“, sagt Berlins serbischer Kreisläufer Mijajlo Marsenic. Zwei weitere Zähler daheim gegen Melsungen am Donnerstag (19.00 Uhr/Dyn), und die ohnehin mit einem Clubrekord (18:0 Punkte) in die Saison gestarteten Füchse hätten sich auf Platz eins mittelfristig festgesetzt. Die ebenfalls gut wie nie in die Saison gestarteten Hessen aus Melsungen (16:2) könnten mit einem Sieg die Berliner auf Platz eins ablösen – Gipfeltreffen heißt Derartiges gemeinhin. „So macht Handball richtig Spaß, dafür wirst du Profi“, sagt Melsungens Nebojsa Simic, der mit MT immerhin seit dem Bundesliga-Match gegen Erlangen (32:25) am Montag ausruhen durfte.
Ein Gipfeltreffen zweier Teams also, die noch nie deutscher Meister waren. Eines ohne Beteiligung aus Kiel, Flensburg oder Magdeburg. Mutet kurios an. Doch auf den näheren Blick erschließt sich, warum Berlin und Melsungen gemeinsam nur eines von 18 Spielen verloren haben – der THW Kiel zum Beispiel alleine von acht stolze vier.
„Wir haben eine super Mentalität, darauf bin ich sehr stolz“, sagt Berlins dänischer Nationalspieler Mathias Gidsel. Und mit dieser Mentalität, der Bereitschaft, in jedem Spiel ans Limit zu gehen, schaffen es die Füchse, trotz eklatanter Ausfälle kompakt zu bleiben. Wie stark Berlin ohne die schweren Verletzungen von Paul Drux (Achillessehnenriss), Fabian Wiede (Knöchelbruch), Max Darj (Bänderriss) und Valter Chrintz (Kreuzbandriss) wäre, ist eine spannende Frage.
In Melsungen hingegen funktioniert der Kader nach jahrelangen Experimenten endlich wie erhofft. Schon oft hatten die Hessen reichlich investiert, zuletzt auch mäßig erfolgreich in deutsche Stars wie Tobias Reichmann und Silvio Heinevetter. Doch jetzt stimmt die Mischung aus nationalen Assen wie Kapitän Timo Kastening und internationalen Profis wie dem lettischen 2,15-m-Giganten Dainis Kristopans, der von PSG kam. „Natürlich ist die momentane Situation ein wenig Balsam für die Seele“, sagte Sportvorstand Michael Allendorf dem HR. Die spannende Frage: Können beide Teams das durchziehen? sid