München – Der erste Eindruck täuschte gestern. Als die Trainingsgruppe von Thomas Tuchel um 10.30 Uhr den Rasen betrat, war Noussair Mazraoui nicht dabei. Spekulationen – eine Suspendierung? – folgten freilich schnell, dabei gab es für den Moment einen plausiblen Grund. Der 25-Jährige hatte schon im Kreise der marokkanischen Nationalmannschaft unter der Woche angeschlagen pausiert und war auch nach seiner Rückkehr noch nicht fit fürs Teamtraining.
Er kam also später auf den Platz, um 11.45 Uhr drehte er gemeinsam mit Athletik-Trainer Stephan Kerth seine Runden. Deutlich zu sehen: ein FC-Bayern-Spieler in einem FC-Bayern-Dress mit einem FC-Bayern-Coach. Das war nach den Geschehnissen in den Tagen zuvor doch ein Statement. Am Mittwoch, direkt nach seiner Rückkehr aus Marrakesch, war Mazraoui ja bekanntlich zu einer Unterredung mit der Clubführung in der Geschäftsstelle vorstellig geworden, bis gestern Abend blieb das Ergebnis des „offenen Austausches“, wie man in oberen Kreisen sagte, geheim.
Hinter den Kulissen wurde viel debattiert. Über den richtigen Zeitpunkt, das richtige Wording. Denn natürlich hatte man auch beim FC Bayern vernommen, wie andere Vereine auf Pro-Palästina-Posts einzelner Profis reagiert hatten. In Mainz wurde Anwar El Ghazi freigestellt, in Nizza Youcef Atal, was also tun mit Mazraoui? Ein komplizierter Fall, auch mit Blick auf die Geschichte dieses Vereins.
Der „Fanclub Israel“ hatte schon vor der Aussprache Druck ausgeübt: „Wir erwarten vom FC Bayern München, der wesentlich auf einer jüdischen Community aufgebaut wurde und Rassismus auf allen Wegen bekämpft, dass er den Spieler Mazraoui den Werten des Clubs entsprechend zu behandeln weiß.“ Werte, die in der Satzung auf der Jahreshauptversammlung am 12. November neu verankert werden sollen. Bei der „Offenbarung einer Gesinnung, die mit Zweck, Aufgaben und Werten des Clubs unvereinbar ist“, so heißt es, droht der Ausschluss. hlr, vt