Die Kabine soll es richten

von Redaktion

Mazraoui bleibt nach „ausführlicher“ Aussprache im Bayern-Kader

VON MANUEL BONKE

München – Seinen ersten öffentlichen Auftritt nach der Länderspielpause hätte sich Thomas Tuchel (50) sicher anders vorgestellt. Die sportlichen Fragen zum Spiel am Samstag in Mainz (18.30 Uhr, Sky) hielten sich in Grenzen. Stattdessen war das Interesse an den Themen groß, die während der Bundesliga-Unterbrechung von außen in sein Trainerbüro schwappten: Neben dem Anti-Israel-Post des marokkanischen Abwehrspielers Noussair Mazraoui (25) beschäftigt den FC Bayern auch die jüngste Kritik von Ehrenpräsident Uli Hoeneß an Tuchel und dessen Äußerungen zur Kadergröße des Rekordmeisters. Zwei Brandherde, die Tuchel mit guter Miene zum heiklen Spiel zu löschen wusste.

Im Falle von Mazraoui half es dem Trainer bei seiner Krisenkommunikation, dass sich der Verein eine Stunde zuvor in einer offiziellen Stellungnahme zur Thematik geäußert hatte. „Noussair Mazraoui hat uns glaubwürdig versichert, dass er als friedliebender Mensch Terror und Krieg entschieden ablehnt. Er bedauert es, wenn seine Posts zu Irritationen geführt haben“, wird Vorstandschef Jan-Christian Dreesen (57) zitiert. Mazraoui bleibt weiterhin Bestandteil des Bayern-Kaders. In der Mitteilung war davon die Rede, dass diese Woche ein „ausführliches“ und „klärendes“ Gespräch mit dem Spieler geführt wurde.

Der Trainer zeigte sich froh darüber „dass der Club und auch Jan Dreesen dieses Statement abgebeben haben, weil es weit über den Sport hinaus geht. Und auch weit darüber hinaus geht, was meinen Verantwortungsbereich betrifft“. Der Zentralrat der Juden goutierte ebenfalls, wie der Verein mit der Angelegenheit umgeht: „Das Vorgehen des Vereins FC Bayern München halten wir insgesamt und in Anbetracht aller Möglichkeiten auch mit Blick auf die stets klare Haltung des Vereins selbst jedoch für angemessen.“

Mazraoui selbst erklärte erneut, dass er jede Art des Terrorismus und jede Terrororganisation verurteile. Beim Marokkaner hätte es nach Ansicht des Zentralrats der Juden mehr „Reue“ und „Selbstkorrektur“ bedurft: „Profifußballer haben einen Vorbildcharakter. Diesen hat Noussair Mazraoui leider nicht erfüllt.“

Zumal die Konstellation mit dem israelischen Torhüter Daniel Peretz (23) eine enorme Brisanz bietet. Tuchel habe sowohl mit Mazraoui als auch mit Peretz gesprochen: „Wir müssen Daniel fragen, wie es ihm geht, wir müssen ihn ernst nehmen. Wir müssen Nous in der Gemeinschaft behalten.“

In diesem Zusammenhang vertraut der Coach dem „kleinen Mikrokosmos Kabine“, denn diese sei „völlig unabhängig von religiösen Überzeugungen, von kulturellen Unterschieden, ist immer, so habe ich es erlebt, ein Ort, an dem man friedlich, freundschaftlich, kameradschaftlich auf ein gemeinsames Ziel hinarbeite“.

Die Hoeneß-Schelte für Tuchel rückte angesichts der politischen Dimensionen, in die im Pressestüberl an der Säbener Straße vorgedrungen wurde, in den Hintergrund. Mit einem schelmischen Grinsen antwortete der Trainer auf Nachfrage: „Ich habe es natürlich mitbekommen. Es gilt für mich das, was wir intern miteinander sprechen. Ich habe mit Uli ein sehr gutes, ein sehr wertschätzendes, ein inniges, ein Top-Verhältnis. Auch weiterhin.“ Obwohl auch diese Thematik Konfliktpotenzial birgt, traf Tuchel den richtigen Ton.

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