Neulich erst hat man wieder eine dieser wunderbaren Geschichten über Horst Hrubesch gehört. Beim Hamburger SV, seinem Verein, kümmerte er sich, obwohl längst im Rentenalter, um die Jugend, und an der Tür zu seinem Büro stand nicht irgendein blumiger Titel wie „Senior Director Youth Development“, sondern: „Horst.“ Zum Horst konnte man einfach so gehen, wenn man ein Anliegen hat, ohne Voranmeldung und Termin. Horst ist immer und für alle da.
Jetzt gilt das auch für die deutschen Fußball-Nationalspielerinnen. Denn interimistisch und vor dem Hintergrund der Erkrankung von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat Hrubesch die Frauen übernommen. Am Freitag wurde er offiziell vorgestellt, was gar nicht hätte sein müssen, denn man kennt ihn und er kennt den Job, weil er ihn schon einmal gemacht hat beim DFB, vor fünf Jahren war das.
Einen 72-Jährigen zurückzuholen ist natürlich keine innovative Lösung. Aber eine diplomatische. Noch ist unklar, ob es einer Nachfolge für Voss-Tecklenburg bedarf oder sie eventuell als Direktorin zurückkehrt und dann selbstverständlich über die Besetzung auf der Trainer(innen)position befinden sollte. Der DFB ist ohne eigenes Verschulden in ein Vakuum geraten, in dem Anstand und Umsicht gefordert sind – daher gibt es gegen Horst Hrubesch als Frauen-Bundestrainer für die nächste Zeit nichts einzuwenden. Er macht es aus Verbundenheit, mit Herzblut und ohne weiterführende persönliche Ambition – ideal.
Horst Hrubesch zieht Sympathien an, weil er keine gestylte Karriere hatte. Als Spieler war er ein Spätzünder, er schrieb kein Buch über sich und den Fußball, sondern übers Angeln, er hinterließ beschmunzelnswerte Sprachunfälle wie das „Paroli laufen“. Als Trainer war und ist er beileibe kein Genie, doch bei Jüngeren und allen, die noch nicht in der Gehalts- und Berühmtheitsspitze angekommen sind, punktet er mit Authentizität. Er versteht es, das auf seine Mannschaften zu übertragen und sie geerdet wirken zu lassen – was den leicht aus der Spur geratenen Frauen nur gut tun kann. Hrubesch macht sich nicht zum Horst. Er ist es einfach.
Guenter.Klein@ovb.net