„Braucht es überhaupt 44 Rennen – oder reichen 35?“

von Redaktion

Hotelier und Kitzbühel-Sieger Michael Walchhofer im Interview über die Herausforderungen des Renn-Kalenders

München – Ex-Skifahrer, Ex-Vizepräsident im Österreichischen Skiverband und Hotelier. Michael Walchhofer (48) kann aus vielen Blickwinkeln auf die aktuelle Debatte schauen. Gegenüber unserer Zeitung bezieht der Österreicher Stellung.

Herr Walchhofer, sind Sie froh, dass zu Ihrer aktiven Zeit der Klimawandel noch nicht so präsent war?

Nein, das kann ich so nicht sagen. Definitiv war meine Zeit super schön. Aber die jetzt ist auch sehr lässig. Die Debatte um das Klima ist sicher spannend für den Skisport. Ich verstehe auch, dass der Wintersport genutzt wird, um auf das Thema hinzuweisen. Aber in der Sache ist die aktuelle Diskussion nicht gerechtfertigt. Der Gletscher schmilzt, ob man drauf skifährt oder nicht. Und der Naturschutz schaut in Österreich extrem genau hin, da muss man die Kirche im Dorf lassen. Ich will das nicht bagatellisieren – aber der Eingriff in Sölden am Gletschereis und am Fels war für die dortige Natur unwesentlich. Aber man kann es bildlich eben gut und dramatisch darstellen. Auswirkungen haben aber nicht nur Maßnahmen wie in Sölden, sondern auch der Rennkalender.

Was würden Sie von einem späteren Start halten, etwa um einen Monat verschoben?

Ein Monat wäre schon sehr spät. Dann müsste man auch die Frage stellen, ob es überhaupt 44 Weltcuprennen braucht, würden 35 reichen? Dann könnte man später anfangen und bis Mitte oder Ende März in einem schönen Rhythmus fahren.

Und braucht’s 44 Rennen?

Das ein oder andere Rennen weniger könnte es vertragen. Aber die FIS hat eben den Spagat zu schaffen, eine gute Aufteilung über die großen Skinationen und über andere Länder herzustellen. Dann kommt so ein Kalender eben zustande. Da aber viele Verbände mitreden, ist es schwierig, Veränderungen herbeizuführen. Einerseits ist das gut, andererseits ist die FIS dadurch träge in den Entscheidungen.

Und was sagt der Hotelier zum Start in Oktober?

Für den Tourismus ist der Auftakt Ende Oktober oder Anfang November schon toll. Es werden Emotionen geschaffen und der Sport und der Tourismus leben von Emotionen. Umso negativer ist eben die Überlagerung durch die Klima-Debatte – es ist nicht okay, diese am Rücken des Sport auszutragen.

Wäre es also aus Marketing-Sicht nicht auch sinnvoll, der negativen Debatte durch einen späteren Start zu entgehen?

Es ist immer die Frage, inwieweit man sich gegen Trends wehren kann. Und in Deutschland und Österreich ist die Klima-Debatte aktuell ganz besonders populär. Ich komme gerade aus Amerika und es ist wirklich dramatisch, was dort für eine andere Welt, in Bezug auf Ressourcen- und Energieverschwendung existiert. Aber die FIS sollte sich einer Anpassung wohl nicht verwehren, um den Wind aus den Segeln der Debatte zu nehmen.

Wobei manchmal der Eindruck entsteht, es entscheidet Präsident Johan Eliasch und nicht die gesamte FIS?

Faktisch entscheidet er nicht allein. Das ist ein anderes Thema, Entscheidungen lassen zuletzt öfter auf sich warten. Leider gibt der Skisport auch in dieser Hinsicht aktuell kein gutes Bild ab.

Interview: Thomas Jensen

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