Strahlender Sonnenschein, auf der Tribüne Fans im T-Shirt und schwitzende Athleten im Stadion: Nein, wir blicken nicht zurück zum Beachvolleyball, sondern voraus in den Zielbereich beim Saisonauftakt der Skifahrer. Ende Oktober finden in Sölden seit gut 20 Jahren die ersten Rennen der Saison statt, dieses Wochenende ist es wieder so weit – ungeachtet der Temperaturrekorde der vergangenen Tage. Der Tourismus und die Industrie stecken dahinter, heißt es schnell. Die bösen Mächte im globalen Sport, auch im einstigen Winter-Idyll ziehen sie die Fäden? Ja und nein – denn so ehrlich muss man schon sein: Lange Zeit rannten die Fans den Veranstaltern auch die Bude ein, zur Not halt mit kurzer Hose…
Touristiker, Sport-Industrie und Ski-Weltverband machen sicher viele Fehler und sind in Sachen Umweltschutz nicht gerade vorn dabei – aber sie bieten den Konsumenten, was diese wollen. Und dazu gehört immer noch: Skifahren. Die Buchungszahlen in Sölden sind stabil, Wintersport-Übertragungen sind für die TV-Sender immer noch der Renner. Allerdings: Das Umdenken kommt in Gang. Selbst in der Alpin-Heimat Österreich brachen im Vorjahr die Quoten beim Saisonauftakt ein.
Was interessiert mich diese in die Berge betonierte Scheinwelt, in der außerhalb der Kamerabilder kein Fitzelchen Schnee zu sehen ist? Mit dieser Attitüde zieht es viele Naturliebhaber zum Wandern. Aber da sollten wir dann auch bei den Fakten bleiben. Wer den Fehler macht, an einem Samstag erst nach sieben Uhr dem Ruf der Berge zu folgen, wird spätestens im Stau am Brunnthal-Dreieck feststellen, dass es auch nicht umweltschonend ist, wenn Tausende Individualisten in spärlich besetzten Autos Richtung Wendelstein bremsen.
Was nicht heißen soll, dass wir aufs Bergvergnügen verzichten müssen. Genauso wenig wie aufs Skifahren und den Weltcup. Vielmehr sollten wir unser Verhalten dem Klimawandel anpassen, es bleibt uns eh nichts anderes übrig. Zudem sollten wir (und vor allem der Weltverband) bei der Diskussion um den Weltcup den Athleten zuhören. Shiffrin & Co. sind in weiten Teilen ebenfalls für Umweltschutz, wissen, dass ihre Leidenschaft bedroht ist. Anders als viele Funktionäre drängen sie auf einen Wandel, wollen Natur und Sport retten. Man sollte nicht mit dem Finger auf sie zeigen.
Klaus.Heydenreich@ovb.net