Hat Laimer seine Position verlernt?

von Redaktion

Österreicher fiel beim Spiel gegen Galatasaray mit schlechter Passquote auf

München – Es war ein kurzes Raunen, das am Dienstag durch den Rams Park ging. Der FC Bayern war im Begriff einen Konter zu starten, für Sané, Kane und Co. bot sich eine gute Gelegenheit, hinter die hochstehende Galatasaray-Abwehr zu gelangen. Doch die Umschaltsituation war schnell vorbei, der Grund: ein erneuter Fehlpass von Konrad Laimer.

Der Österreicher spielte 90 Minuten an der Seite von Joshua Kimmich auf der Doppelsechs, beide schafften es aber gerade in der ersten Halbzeit nicht, die riesigen Löcher im Mittelfeld zu stopfen. Dabei sollten vor allem bei der hitzigen Kulisse in Istanbul die Sechser dafür sorgen, Ruhe und Stabilität ins Münchner Spiel zu bringen. Dass diese Souveränität am Bosporus fehlte, lag sicher nicht allein am Mittelfeld.

Trotzdem erwies sich Laimer im Zentrum als Unsicherheitsfaktor, was sich auch in Zahlen messen lässt. In dieser Saison kommt der Österreicher auf eine Passquote von 87 Prozent. Zwar hört sich dieser Wert erst mal nicht schlecht an, fällt im internen Vergleich jedoch deutlich ab: Joshua Kimmich liegt bei 91,1 Prozent, Leon Goretzka kommt auf 90,3. Und auch Noussair Mazraoui, den Laimer als Rechtsverteidiger sowohl vertreten als auch zwischenzeitlich verdrängt hat, kommt auf 90,7 Prozent.

Noch deutlicher wird die Schlagzahl von Laimers Ballverlusten in der Champions League. Gegen Istanbul erreichten nur 73 Prozent der Pässe den Mitspieler, in Kopenhagen waren es nur 57,9 Prozent – was im Umkehrschluss bedeutet, dass nahezu jeder zweite Ball beim Gegner landete!

Laimers Zahlen lesen sich in diesen Begegnungen eher wie die eines Offensivspielers, der mit Steckpässen und Flanken mehr ins Risiko gehen muss als Aufbauspieler auf der Sechs.

Hat der gelernte Mittelfeldspieler Laimer seine Position verlernt? Die Antwort lautet: Nein, er kann sie beim FC Bayern aber nicht mehr so spielen wie in Leipzig.

Bei RB hat er im Mittelfeld jeden Ball gejagt, das hohe Pressing und der Chaos-Stil der Leipziger passten besser zu den Qualitäten Laimers. Wegen seiner intensiven Spielweise wollte schließlich auch sein alter Coach Julian Nagelsmann Laimer – vom Landsberger „Pressingmonster“ genannt – zum Rekordmeister holen. Doch bevor er im Sommer an die Säbener Straße wechselte, wurde Nagelsmanns Fußballidee durch die Vision der Spielkontrolle von Thomas Tuchel ersetzt.

Unter dem neuen Trainer ist Laimer zwar immer noch gesetzt – bislang stand er in jedem Pflichtspiel auf dem Platz –, kann seine Qualitäten aber nur bedingt ausspielen. Tuchel setzt bekanntermaßen auf einen kontrollierten Spielaufbau. Heißt: Laimer kann seine Stärken nicht voll ausspielen – und muss an seinen Schwächen arbeiten, damit er bei einem fitten FCB-Kader weiter zu Spielzeit kommt.

Womöglich bekommt er dazu schon gegen Darmstadt die nächste Gelegenheit: Gegen die defensiv ausgerichteten Lilien könnte Tuchel auf volle Angriffspower setzen und den weiter verletzen Goretzka mit einem zusätzlichen Offensivspieler ersetzen. In einem möglichen 4-1-4-1 mit Kimmich als Abräumer vor der Viererkette könnte das für Laimer bedeuten, dass er sich mit Mazraoui um den Posten als Rechtsverteidiger bewirbt. Sollte Laimer dabei den Vorzug bekommen, braucht es aber auch hier mehr Ballsicherheit als zuletzt in der Champions League. V. TSCHIRPKE,  P. KESSLER

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