München – Kleines Team – kleine Hoffnungen. Da der Alpine Skiweltcup am Wochenende in Sölden wie gewohnt mit zwei Riesentorläufen startet, wird für die deutschen Sportler zu Beginn der Saison wohl nur eine Nebenrolle bleiben. Emma Aicher (19) ist die einzige Starterin bei den Frauen (Samstag, 10 Uhr, ZDF/Eurosport), bei denen schon seit Jahren Personalnot in der Kerndisziplin herrscht. Bei den Männern (Sonntag, 10 Uhr, ZDF/Eurosport) decken die verletzungsbedingten Ausfälle von Alexander Schmid und Stefan Luitz Lücken auf. Mit Fabian Gratz (26), Anton Grammel (25) und Weltcupdebütant Jonas Stockinger (24) besetzt der DSV nur drei seiner fünf Startplätze. Damen-Bundestrainer Andreas Puelacher verweist in Sölden zwar auf Nachwuchsfahrerinnen der Jahrgänge 2004 aufwärts (darunter auch Martina Ertls Tochter Romy), die in zwei Jahren bereit sein könnten – doch die aktuelle Besetzung zeigt die Schwierigkeit, die Talente in die Weltspitze zu führen.
„Ich glaube wirklich, es schafft nur noch jemand, wie Martina Ertl, die so einen Aufwand betreibt“, sagt Felix Neureuther über seine ehemalige Teamkollegin. Deren 16-jährige Tochter trainierte diesen Sommer beispielsweise in Neuseeland. Seine Eltern „hätten das nicht so gemacht“. Doch diesen „extremen Aufwand“ brauche es wohl: „Meine Befürchtung ist, dass die Zwölfjährigen, die das unbedingt wollen, keine Chance haben werden, weil sie aus Deutschland sind.“ Doch nicht nur Deutschland ist betroffen: Neureuther: „Die Shiffrins, die Hirschers, die Kristoffersens. Überall sind nur die Eltern dahinter. Das schafft keiner mehr aus einer normalen Verbandsstruktur. Auch bei Odermatt ist der Vater die treibende Kraft.“
Thomas Hlawitschka war sechs Jahre Bundestrainer der deutschen Freeskier – inzwischen ist er freiberuflicher Trainer im Nachwuchsbereich. Unter anderem coacht er in der Jugend des SC Partenkirchen. Sein großes Thema: Die Schule. „International sieht man, dass es sehr unterschiedliche Herangehensweisen für Schulen und Leistungssport gibt“, so der 37-Jährige: „Bei uns ist es einfach sehr schwer, Kinder aus den Schulen rauszubekommen.“ Keinesfalls liege es an der Motivation, sagt Hlawitschka zu unserer Zeitung: „Die Kids würden gerne einen Trainingsplan durchziehen, aber: „Die Schulverpflichtungen, die sie haben, machen das kaum möglich. Und das ist als Trainer echt zäh.“
Sonja Straßer kümmert sich um den Nachwuchs der Skiabteilung des TSV 1860 München. Nachwuchsprobleme haben die Skilöwen zwar keine, aber Straßer macht sich Sorgen um die Fähigkeiten der jungen Fahrer. „Kinder, die zu uns kommen, sind koordinativ schon zurück. Oft müssen wir da erstmal einen Purzelbaum beibringen“, sagt die Mutter von Slalom-Ass Linus Straßer. Eine Auswirkung von Corona, aber nicht die einzige, denn es fehlt an Fachpersonal. „Es fand während Corona keine Ausbildung ehemaliger Athleten zu Trainern statt“, so Straßer“; Wir rollen jedem, den wir bekommen, den roten Teppich aus.“