München – Ein Verein als Familienunternehmen: Hachings Präsident Manni Schwabl (57) wird seit diesem Jahr von seinem Sohn Markus (33) unterstützt, der neben seinem Job als Abwehrchef auch noch als Sportdirektor tätig ist. Ein Novum. Ebenso unser Interview mit den beiden Schwabls.
Servus Markus und Manni, wer ist in den letzten Wochen wem häufiger auf die Nerven gegangen – der Sportdirektor dem Präsidenten oder der Präsident dem Sportdirektor?
Manni: (überlegt lange) Ich glaube schon, er mir. Wenn er sich in was reinbeißt, dann will er es schon auch wissen und Antworten haben. Aber das ist ja auch gut so. Es ist eine interessante Konstellation. Einen Sportdirektor von außen holen? Das kannst du doch vergessen. Da sind drei Jahre vergangen, eher er unsere DNA kennt. Ich fühle mich sehr wohl in der Konstellation. Es gibt mir viel Kraft, dass wir gerade eigene junge Leute um uns scharen. Markus: Darf ich die Frage auch noch beantworten? Also du bist mir schon sehr oft auf die Nerven gegangen. Das sind lauter so Kleinigkeiten, wo ich mir denke: Wie konntest du das in den letzten zehn Jahren alles alleine machen? Manni hat mich um neun Uhr angerufen und gefragt, ob die Tische im Wirtshaus schon gewischt sind. Oder im Biergarten das Besteck schon hergerichtet ist. Sportdirektor klingt so abgedroschen, als würdest du den ganzen Tag nur mit Beratern telefonieren. Bei uns soll es einfach stimmen und alles ein gutes Bild abgeben. Er ist mir so oft auf die Nerven gegangen mit solchen Sachen, dass es bei mir dadurch auch immer präsent ist. Ich komme mittlerweile automatisch um neun in den Biergarten, um zu schauen, ob die Blätter schon alle von den Tischen sind. Ich würde sagen, auch privat ist unser Verhältnis besser als je zuvor.
Markus, spielender Sportdirektor, ist diese Rolle auch schon in Fleisch und Blut übergangen?
Markus: In den ersten fünf, sechs Monaten habe ich mir erst mal einen Überblick verschafft über alle Bereiche. Ich habe mit allen Mitarbeitern gesprochen, um zu schauen, wo läuft es gut? Wo klemmt es noch? Als Resümee nach jetzt zehn Monaten kann ich sagen, dass die Rolle voll in Fleisch und Blut übergegangen ist, ja. Manni: In Gedanken bist du eigentlich 24/7 beim Verein. Wir sehen den Verein halt gesamtheitlich, von der Jugend bis zu den Profis. Die vielen sozialen Themen sind uns besonders wichtig. Und natürlich auch unser Wirtshaus. Das ist ja hier keine Shisha-Bar. Sondern eine Begegnungsstätte für Jung und Alt. Das ist wie eine Familie. Man merkt erst, wie viele Sachen wirklich anfallen, wenn du die Verantwortung hast. Man muss nur aufpassen, dass die Familie darunter nicht leidet.
Sind es 24 Stunden?
Markus: Je nach Tag können das schon 15, 16, 17 Stunden sein. Ich bringe meine Kleine morgens in die Kita, damit ich sie auch sehe. Dann ist Training. Büro und Termine. Dann wieder Training. Dann bleibst du noch mal ein, zwei Stunden im Büro. Es ist brutal viel Aufwand und vor allem der Aufwand im Kopf hat sich mehr als verdoppelt. Aber noch haben meine Frau und ich keine getrennten Schlafzimmer (lacht).
Können Sie denn vom Büro- direkt wieder in den Sportmodus schalten?
Markus: Das war natürlich immer ein großes Thema. Ab wann verlässt du den wirtschaftlichen Teil deines Berufs und gehst in den sportlichen? Das kann ich aber gut trennen. Als wir in der Relegation in Cottbus gespielt haben, war um 20.30 Uhr Anstoß. Bis 17 Uhr saßen Manni und ich in der Lobby und haben gewartet, bis wir das endgültige Go vom DFB bekommen haben. Abends kann ich dann trotzdem auf dem Feld Gas geben und bin voll bei der Sache.
Wie ist die Konstellation in der Mannschaft angekommen, gab es da zu Beginn ein klärendes Gespräch?
Markus: Als das Konstrukt umgesetzt wurde, haben Seppi (Welzmüller) und ich uns vor die Mannschaft gestellt, und einen Umriss gegeben, wofür wir jetzt zuständig sind. Es war ein großes Anliegen von uns, klarzustellen, dass sich gegenüber der Mannschaft nichts ändern wird. Wenn jemand aus der Mannschaft das Bedürfnis hat, sich anders zu verhalten, weil wir auch über die sportliche Zukunft entscheiden, wäre das vollkommen legitim. Das ist aber bei keinem Spieler so gekommen, dass er meinte: Oh, jetzt muss ich aber aufpassen! Die Integrität haben wir über die letzten Jahre bewiesen. Wir sind nicht da, um irgendwen auszuhorchen oder es weiterzugeben, wenn jemand mal nicht so zufrieden ist.
Markus, was können Sie von Ihrem Vater, abgesehen vom Schafkopfen, noch lernen?
Markus: Zunächst möchte ich erwähnen, dass ich beim letzten Benefizturnier 40 Plätze vor ihm gelandet bin. Manni: Ich war 117. Von 120.
Markus: Ich könnte mir keinen besseren Mentor vorstellen. Er hat so lange Fußball gespielt und so viel Gutes und so viel Beschissenes erlebt. Er hat im Geschäftsleben Erfolg und Misserfolg gehabt. Das ist eine Erfahrung, die du dir nicht kaufen kannst. Er ist jetzt seit über zehn Jahren Präsident, niemand kennt den Verein besser. Das Imponierendste ist, dass er jeden Spieler von der U 9 bis zu den Profis kennt. Vor ein paar Monaten war Dino Toppmöller da und hat gesagt, das gibt es eigentlich nirgends, dass sich der Präsident die U 11 anschaut.
Auf große Shopping-Tour können Sie nicht gehen, Markus, dafür können Sie auf eine hervorragende Jugendabteilung bauen. Wünschen Sie sich mehr Spielraum beim Budget?
Markus: Natürlich ist es schön, wenn du ein gewisses Budget hast und kannst dir Spieler XY aussuchen. Das ist aber nicht unser Weg und damit identifiziere ich mich auch nicht. Ich schaue jede Woche Jugendspiele von der U 9 bis zur U 21. Du merkst, wie die Jungs sich von Woche zu Woche entwickeln. Lernst ihre Eltern kennen. Es ist doch viel reizvoller und schöner, wenn Spieler aus dem eigenen Stall dann in ein paar Jahren Stammkräfte bei den Profis sind. Wir sind doch darauf angewiesen, irgendwann auch wieder Spieler zu verkaufen. Ich lebe dieses Konstrukt mit jeder Faser.
Die vielen jungen Talente bei den Profis. Wobei erschrecken Sie mehr – bei der Kabinenmusik der jüngeren Generation oder wenn man im Training mit Vollspeed ausgedribbelt wird?
Markus: Da die Kabinenmusik bei uns definitiv nicht von der jüngeren Generation bestimmt wird, kann ich nur die andere Option wählen (lacht). Wenn ich dann mal den Maurice Krattenmacher nehme. Da bin ich schon erstaunt, wie weit er körperlich schon ist und wie reif er schon spielt. Ein Aaron Keller hat mich im Training auch das ein oder andere Mal mit seiner Dynamik stehen lassen. Den hätte ich mir dann gerne auch gekauft. Aber der bringt uns im Spiel so viel, den kann ich mir nicht von hinten mit zwei gestreckten Beinen schnappen (lacht). Es macht Spaß zu sehen, wie befreit die Jungs aufspielen.
Gegen Düsseldorf im DFB-Pokal steht das nächste Highlight an. Wie sehr freuen Sie sich darauf?
Markus: Das ist schon immer ein Highlight, wenn im Sportpark wieder die grünen Banden vom DFB aufgebaut werden. Das Spiel gegen Düsseldorf wird deutlich schwieriger, Augsburg war noch nicht im Spielrhythmus. Wir müssen uns brutal straffen, dass wir da auf Augenhöhe kommen. Aber wir rechnen uns natürlich auch Chancen aus. Wir werden uns definitiv nicht in die Hose machen, denn alles ist möglich.
Alles ist möglich, also auch noch mal ein 40-Meter-Sprint des Präsidenten?
Manni: Der Sprint war voll aus der Emotion heraus. Ich erwarte einfach wie immer, dass alle wieder alles reinwerfen, denn das ist mir das Allerwichtigste. Und vor allem können wir auf unsere Fans bauen. Wir haben vielleicht nicht immer so viele, dafür ist die Qualität immens hoch.
Interview: Nico-Marius Schmitz