Gleich dreifach historisch

von Redaktion

Drei Rote, acht Tore, ein Hattrick: „Feuerwerk“ macht Bayern Mut für den BVB

VON HANNA RAIF UND VINZENT TSCHIRPKE

München – Den Ball, natürlich signiert von allen Teamkollegen, hatte Harry Kane in eine Plastiktüte gepackt. Aber er war auch darin so gut sichtbar, dass die obligatorische Frage nach dem optimalen Platz für dieses Erinnerungsstück kommen musste. Kane, bei diesem wilden, kuriosen und eigentlich unfassbaren 8:0 (0:0) des FC Bayern gegen Darmstadt 98 Hattrick-Schütze, musste schmunzeln, als er sagte: „Dieser Ball wird ganz sicher einen besonderen Platz bekommen.“ Vor dem zweiten Schritt aber stehe bekanntlich der erste: „Ich muss erst mal ein passendendes Haus finden.“

Aktuell also schmückt das Spielgerät des siebten Saisonsieges der Bayern ein Münchner Hotelzimmer, aber auch da erinnert es den Torjäger, der seit Samstag bei 14 Treffern und sieben Assists in seinen ersten 13 Auftritten für den Rekordmeister steht, an einen Tag, den nicht nur er selbst so noch nicht erlebt hat. Denn diese Partie vor 75 000 Zuschauern hatte in gleich mehrfacher Sicht historischen Charakter. Da war zum einen der Treffer aus 53 Metern über den weit vor dem Tor stehenden Darmstädter Keeper Marcel Schuhen hinweg, den Kane nüchtern kommentierte: „Ich hatte das Gefühl, es ist der richtige Moment für so einen Schuss.“ Da waren aber vor allem der Bundesliga-„Rekord“ von drei glatten Roten Karten in einer Halbzeit sowie acht Treffer binnen 45 Minuten, die es zuvor in 60 Spielzeiten erst zwei Mal gegeben hatte. Neben Kane (51./68./88.) waren Leroy Sané (56./64.) und Jamal Musiala (61./76.) sowie der eingewechselte Thomas Müller (71.) erfolgreich. Comebacker Manuel Neuer musste sich nach dem Seitenwechsel im Spiel „10 gegen 9“ der Beschäftigungslosigkeit hingeben.

Sportdirektor Christoph Freund war in der Pause mit in der Kabine gewesen – und hatte so mit eigenen Augen gesehen, wie das Team sich laut Thomas Tuchel „erst mal schüttelte“. Aus Unterzahl nach dem Blitz-Platzverweis von Joshua Kimmich (4.) war nach den Roten Karten für Darmstadts Klaus Gjasula (21.) und Matej Maglica (41.) Gleich- bzw. Überzahl geworden. Bis zum „Feuerwerk“ (Freund), das das Team ab der 51. Minute abbrannte, musste man sich daher stets neu sortieren. Trotzdem traf zu jeder der 90 Minuten zu, was Tuchel aussprach: „Das Spiel war auf jeden Fall das Eintrittsgeld wert.“ Sogar dem am Ende komplett auseinander gefallenen Gegner hatte es laut Marvin Mehlem „Spaß gemacht“. Auch Keeper Marcel Schuhen sagte: „Ich habe das Spiel genossen.“

Zur Kuriosität dieses Samstags zählte auch die Tatsache, dass man ausschließlich freudige Gesichter aus der Arena schlendern sah. Tuchel, in den Anfangsminuten noch mit Gelb verwarnt, sprach ein „großes Kompliment“ an seine Mannschaft aus, die zumindest über Nacht an die Tabellenspitze sprang. Und sogar Rotsünder Kimmich wurde in der Kabine durch die Leistung der Kollegen versöhnt. „Schon Wahnsinn“ sei das alles gewesen, sagte Neuer über den „skurrilen Tag“, der ihm selbst genau wie Kane besonders im Gedächtnis bleiben wird.

Dass 23 Punkte nach sieben Spieltagen die beste Bayern-Bilanz seit sieben Jahren sind, ging da fast unter. Und Kane schaut sowieso lieber nach vorne als zurück. Mit Blick auf das Topspiel in Dortmund am kommenden Samstag sagte der Mann des Spiels: „Das sind die Partien, in denen man als Profi dabei sein will.“ Drei Punkte wären „ein großes Statement für den Rest der Saison“. Und drei weitere Tore von ihm – sollte noch Platz im Hotelzimmer sein – sowieso.

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