„Wir wollen die Leute begeistern“

von Redaktion

HANDBALL Bölk und Steinert über den München-Auftritt, die Heim-EM und Hochzeitsanzüge

Olympiahalle München, ein Tag, drei Spiele der deutschen Nationalteams: Diesen Sonntag stimmt sich München ab elf Uhr mit dem „Tag des Handballs“ auf die folgenden Monate des Handballs ein mit der Frauen-WM im Dezember in Skandinavien und der Handball-Heim-EM im Januar. Nationalspieler Christoph Steinert und Frauen-Kapitänin Emily Bölk haben mit uns gesprochen.

Herr Steinert, Sie kommen zur Abwechslung wegen Handball nach München. Was verbinden Sie mit der Stadt?

Steinert: Für mich ist das in der Tat ein halbes Heimspiel. Von Erlangen ist es nicht weit. Wir verbringen immer mal wieder auch mal ein Wochenende in München. Vor gar nicht allzu langer Zeit war ich da, um mir einen Hochzeitsanzug zu kaufen. Standesamtlich haben wir ja schon geheiratet, aber wegen Corona musste die Party immer verschoben werden. Das holen wir zum Jahresende nach. Sonst bin ich übrigens auch Bayern-Fan. Deshalb bin ich ab und zu im Stadion. Bölk: Da kann ich nicht mithalten. Für den Handball waren wir da, aber privat habe ich es noch nicht geschafft, ich bin ja ein Nordlicht. Aber München steht auf meiner Liste.

Herr Steinert, Sie sind mit Erlangen Bayerns Handball-Leuchtturm.

Steinert: Das ist schon etwas Besonderes, wenn man so ein Alleinstellungsmerkmal hat. Wobei München auch keine völlige Unbekannte im Handball ist. Da gibt es ambitionierte Projekte wie Fürstenfeldbruck oder den HT München. Aber ich gebe zu, dass Spitzenhandball der Stadt gut zu Gesicht stehen würde.

Am Sonntag spielen die Frauen, die Herren und die weibliche U18 in derselben Halle…

Steinert: Das kommt sehr selten vor, weil sich die Kalender doch sehr unterscheiden. Ich finde es schön, dass die vielen Handballfans hier so viel Qualität geboten bekommen. Bölk: Es ist ein cooles Event, das nur möglich war, weil die Bundesliga extra Pause macht. Für mich ist es Glück, dass wir Ungarn als Gegner haben – so pausiert auch die ungarische Liga. Ich freue mich auf den Tag.

Der durch den Gegner noch spezieller wird? Sie spielen bei Ferencvaros Budapest…

Bölk: Auf jeden Fall. Fast die halbe Mannschaft besteht aus meinen Teamkolleginnen, mit denen ich tagtäglich trainiere. Wir kennen uns gut, da kann ich sicher auch taktisch ein bisschen was einbringen. Aber wir haben die letzten Jahre auch mit der Natio oft gegen Ungarn gespielt. Insofern sind das auch für die anderen Mädels keine Unbekannten.

Sie hatten nach Ihrem Abschied aus Deutschland die Sprache als Minus für Ungarn angeführt. Wie geht es damit nach drei Jahren?

Bölk: Es ist immer noch ein harter Brocken, aber ich überlebe. Handballerisch ist es kein wirkliches Problem, weil ich in den ersten drei Jahren einen ungarischen Trainer hatte. Da ist man tagtäglich damit konfrontiert. Aber es ist sehr, sehr hart. Steinert: Da muss ich reingrätschen, Emily. Ich habe gut in Erinnerung, dass man schon nach drei Monaten die ersten TV-Interviews auf Ungarisch von dir gesehen hat. Bölk: Na ja, handballerisch geht es schon. Ich komme auch in der Stadt klar, aber das ist sicher eher so ein Kinderungarisch. Macht aber nichts, ich kann gut über mich selbst lachen.

Wir erleben aktuell Sternstunden in Teamsportarten abseits des Fußballs. Das Eishockey-Team wurde WM-Zweiter, die Basketballer sogar Weltmeister. Zuletzt gewannen die Volleyballer die Olympia-Qualifikation. Und nun?

Bölk: Hoffe ich, dass wir im Handball die Reihe fortsetzen. Wir haben ab Ende November die WM in Dänemark. Wir waren ein paar Mal nahe dran, zum Teil fehlte nur ein Tor zum Halbfinale. Aber die Dinge haben sich weiterentwickelt. Spielerinnen sind ins Ausland gegangen, beim Champions League-Final-4 spielten drei Deutsche. Von diesen Erfahrungen werden wir profitieren. Wäre super, wenn wir und dann die Männer zuhause ein tolles Turnier spielen. 2025 haben wir unsere Heim-EM. Es wäre überragend, wenn sich im Land ein Flow um den Handball entwickelt.

Herr Steinert, Sie haben in München einen Heimtest vor der EM 2024. Druck oder Vorfreude?

Steinert: Das ist einfach nur cool. Vor allem, wenn man sich den Startpunkt überlegt. Dass so ein Turnier mit einem Eröffnungsspiel im Fußballstadion (Düsseldorf, d. Red.) beginnt. Das ist gewaltig. Da schwingt ganz, ganz viel Vorfreude mit. Man darf seinen Sport in Fußballdimensionen betreiben. Das kann schon der Startschuss für eine Rieseneuphorie werden, wenn einem 50 000 Leute zujubeln. Ich merke, wenn ich das so erzähle, dann klingt das wahnsinnig cool.

Kann das in einem so engen Feld wie dem Spitzen-Handball das Zünglein an der Waage sein?

Steinert: Das wird ein Riesenpluspunkt sein. Ich habe das erlebt, das kann schon tragen. Wenn du ein paar positive Aktionen hast, dann zündet das die Leute an und die schießen das dann auf die Platte zurück. Ein gegenseitiger Pingpong-Effekt, das schiebt einen nach vorn.

Kann man aus anderen Sportarten lernen, etwa von den Basketballern?

Bölk: Man kann sich inspirieren lassen. Die Basketballer sind unheimlich sympathisch, gleichzeitig aber total fokussiert rübergekommen. Das war in Verbindung mit dem Erfolg begeisternd. Steinert: Was definitiv auch rübergekommen ist, ist dass es keine One-Man-Show war. Da waren ganz viele Leute auf hohem Niveau. Das war ein Team. Und das kann man sich auf alle Fälle abschauen.

Die Basketballer haben sich auf das Ziel Medaille eingeschworen. Sie auch?

Steinert: Wir selbst haben intern noch nicht über ein Ziel gesprochen. Aber das wird kommen. Denn letztlich muss man schon an dieselbe Sache glauben, um sie erreichen zu können. Bölk: Wobei bei uns sicherlich die Olympia-Qualifikation ganz oben steht. Und alles, was darüber hinaus geht, dazu sagt sicher niemand nein.

Ein „Tag des Handballs“ klingt auch nach Mission. Wann wäre sie geglückt?

Bölk: Ich hoffe auf ein ausverkauftes Haus, drei deutsche Siege und dass die Leute begeistert nach Hause gehen. Das wäre schon ziemlich gut. Steinert: Und die Kinder, die kommen, sollen danach sagen. dass sie jetzt auch Handball spielen wollen. Das wäre der Wahnsinn. Ich bin der Meinung, dass unser Sport ganz tolle Werte vermittelt. Er sozialisiert. Man lernt, wie man sich in der Gesellschaft verhalten soll. Die Bedeutung von Nächstenliebe und Hilfe. Deswegen ist jede Werbung dafür exzellent.

Interview: Patrick Reichelt

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