Es gibt einen deutschen Spieler in der NFL, der auch in dieser Saison von den Experten wieder hochgelobt wird: Amon-Ra St. Brown. St. Brown, Sohn einer deutschen Mutter und eines amerikanischen Vaters, wuchs im kalifornischen Anaheim auf, verbrachte Teile seiner Jugend aber auch in Frankreich und Leverkusen. Bei den Detroit Lions glänzt der 23-Jährige, dessen Bruder Equanimeous bei den Chicago Bears spielt, als einer der besten Passempfänger der Liga.
Amon-Ra St. Brown, nach Ihrer Verletzung haben Sie gegen die Buccaneers ein überragendes Comeback mit 124 Yards und einem Touchdown gefeiert. Es scheint, als seien Sie zurzeit einfach nicht zu stoppen.
So ist es! Gegen die Panthers musste ich aussetzen, ich war nicht zu hundert Prozent fit. Es war aber auch nichts Schlimmes. Ich fühle mich wieder gut und konnte mich zurückmelden. Die ganze Mannschaft hat abgeliefert. Wir sind für jeden Gegner bereit.
Ihr Quarterback Jared Goff hat über Sie gesagt: „Der Himmel ist die Grenze.“ Sehen Sie das auch so?
Definitiv. Ich will immer besser werden. Mich von Woche zu Woche als Spieler verbessern. Man kann in dieser Liga nie perfekt sein. Jeder strebt das an, aber das kann man nie erreichen. Ich will jede Woche abliefern, ein guter Receiver und ein guter Anführer im Team sein. Ich bin sehr ambitioniert und stecke mir immer sehr hohe Ziele. Die verrate ich aber keinem, die sind nur in meinem Kopf.
Es wirkt oft so, als hätten Sie ein blindes Verständnis mit Goff.
Wir verstehen uns super, das ist eine perfekte Kombination. Jared weiß genau, wie ich meine Routen renne. Wir trainieren jetzt seit drei Jahren zusammen. Er weiß genau, welche Lücken ich sehe und ich weiß, welche Lücken er sieht. Wir fühlen uns beide sehr wohl. Jared führt uns souverän über das Feld und setzt uns perfekt ein.
Nach dem Touchdown bei den Green Bay Packers haben Sie den berühmten Lambeau Leap gemacht und sind in die Fankurve der Packers gesprungen – und bekamen dabei auch eine Bierdusche ab. Gefällt Ihnen das Sticheln?
So was gehört dazu. Das gefällt mir, ein bisschen Entertainment für die Fans! Ich habe als Kind schon immer vom Lambeau Leap geträumt, als ich es das erste Mal im TV gesehen habe. Ich habe mir gedacht: Das Gefühl muss doch großartig sein. Ich hatte jetzt die Möglichkeit und habe mir den Traum erfüllt. Ich habe mir ein paar Lions-Fans gesucht, die in der Kurve standen und bin hochgesprungen (lacht).
Sie können jeden Receiver nennen, der im Draft vor Ihnen gewählt wurde. 16 Namen sind es. Nutzen Sie das als Motivation?
Ich bin super ehrgeizig und ich nehme jeden Wettbewerb an. Ich werde nie die Receiver vergessen, die vor mir ausgewählt wurden. Nie. Das motiviert mich jeden Tag. Das motiviert mich in jedem Training und jedem Spiel. Das hat mir schon geholfen, das Level zu erreichen, auf dem ich jetzt bin.
Bei den Rankings für die besten Passempfänger der Liga landen Sie immer unter den besten Zehn. Wo würden Sie sich selbst denn einschätzen?
Ich bin der Beste.
Klare Ansage. Nicht nur bei Ihnen persönlich, sondern beim ganzen Team läuft es. Was macht die Detroit Lions in dieser Saison so stark?
Wir sind auf allen Positionen gut besetzt. Das ist schon eine sehr hohe Qualität. Und vor allem treten wir als Mannschaft auf. Wir spielen füreinander, wir sind uneigennützig. Wir leben diesen Teamgedanken. Die jungen Spieler, die wir dazubekommen, sind sehr hungrig und stacheln noch mal die Konkurrenz an. Dazu haben wir exzellente Trainer, die alles in die richtige Bahn lenken.
Was sind Ihre Ziele für diese Saison?
Wir wollen die Playoffs erreichen. Und klar: Jedes Team möchte den Super Bowl gewinnen! Das ist die größte Bühne, die man erreichen kann. Mehr geht nicht.
Sie werden immer häufiger als Zugpferd für den deutschen Football genannt, da Sie Woche für Woche mit Ihrer Leistung Aufmerksamkeit erregen.
Das macht mich sehr stolz. Es gibt noch nicht so viele deutsche Spieler in der NFL. Ich spiele auf einer Skill-Position, fange also viele Bälle, habe spektakuläre Aktionen und fange Touchdowns. Ich bekomme den Hype schon mit, auch um meine Person. Football wird immer größer in Deutschland, das ist einfach cool! Der Stellenwert von Football in Deutschland ist jetzt schon riesig, das schwappt auch nach Amerika rüber. Diese Entwicklung ist schon krass.
In Köln haben Sie mit Ihrem Bruder vor der Saison ein Football-Camp veranstaltet. Haben Sie die Begeisterung da auch gespürt?
Wir wollten etwas zurückgeben. Es gibt so viele Kinder in Deutschland, die Football lieben. Für sie ist es bestimmt cool, wenn sie mit NFL-Spielern trainieren können. Ich habe auch ganz viele Fragen gestellt bekommen, wie man in die NFL kommt und das in Amerika alles so abläuft. Das Interesse war riesig, es hat unheimlich viel Spaß gemacht. Ich genieße es immer sehr, nach Deutschland zurückzukommen. Das erinnert mich an meine Jugend.
Interview: Nico-Marius Schmitz