Lehren aus dem Topspiel

Ein Machtwort hätte gereicht

von Redaktion

HANNA RAIF

Zumindest auf dem Papier war am Ende alles wieder gleich. Das Duell mit dem BVB war mit viel Spannung erwartet, die Hoffnungen der Fußball-Nation aber wieder im Keim erstickt worden. Selbst – oder: gerade? – ein taumelnder FC Bayern hat diese dem „Klassiker“ traditionell nicht gewachsenen Dortmunder im Griff. Während es beim 4:2 im Frühjahr Spiel eins nach Julian Nagelsmann war, sah man nun beim verdienten 4:0 die Reaktion auf das Pokal-Aus. Hürde genommen, Haken dran! So die oberflächliche Betrachtung.

Dass Fußball in seiner Analyse tiefer (und manchmal zu tief) geht, zeigt sich an all dem, was rund um so ein Spiel passiert. Da werden Szenen seziert, Laufwege berechnet und Linien kalibriert, und da wird, so fair muss man sein, auch gerne mal über das Ziel hinausgeschossen. Dass Tuchel die Dauer-Kritik aus allen Richtungen zu weit geht, kann man daher durchaus verstehen; genau wie sein Bedürfnis, sich vor seine Mannschaft zu stellen und zu rechtfertigen. Nicht gutheißen allerdings muss man den Gesamtauftritt des Trainers am Rande dieses eigentlichen bayerischen Feiertages. Ein Machtwort in Richtung Lothar Matthäus und Didi Hamann hätte – diese Meinung vernimmt man übrigens auch aus der Boss-Etage – gereicht und deutlich mehr Souveränität ausgestrahlt als Tuchels Darstellung unter dem Motto „beleidigte Leberwurst“. Immer noch einen drauf!

Auch da lohnt sich der Blick zurück ins Frühjahr und die Anfangstage des Trainers, den einige schon gerne früher in München gesehen hätten. Denn mit dem lockeren Tuchel der Vorsaison hat der Tuchel der laufenden Spielzeit wenig gemein. Schon die letzten öffentlichen Auftritte muteten dünnhäutiger an, die verbalen Scharmützel erinnern an Nagelsmann in seinen letzten Münchner Zügen. Das muss keine direkte Parallele sein, lässt aber doch den Schluss auf den Substanzverlust zu, den dieser Job unter dem Brennglas der Fußballnation mit sich bringt. Nur Ergebnisse helfen da. Gegen Dortmund ist das eindrucksvoll gelungen. Der Hauptkonkurrent ist aber längst – nicht erst seit Samstag – Leverkusen.

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