Matchball für Tuchel

von Redaktion

Bayerns BVB-Coup soll gegen Istanbul der Einzug ins CL-Achtelfinale folgen

VON HANNA RAIF, VINZENT TSCHIRPKE UND PHILIPP KESSLER

München – Die bloßen Fakten sprechen für Thomas Tuchel, dessen war sich der Trainer des FC Bayern auch bewusst, als er gestern Mittag das Podium in der Allianz Arena betrat. Der 50-Jährige hatte ein Lächeln auf dem Gesicht, die Gemütslage wirkte doch anders als noch drei Tage zuvor nach dem 4:0 des Rekordmeisters bei Borussia Dortmund. Der Zwist mit den Sky-Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann mag die Öffentlichkeit noch interessieren, Tuchel aber nicht. Schluss, aus, basta – ab jetzt sollen Taten auf dem Platz sprechen. Konkret heißt das, die Serie in den verbliebenen zwei Wettbewerben fortzusetzen – und nach dem besten Liga-Start seit sieben Jahren mit einem Sieg am heutigen Mittwoch (21 Uhr) gegen Galatasaray Istanbul vorzeitig ins Achtelfinale der Champions League einzuziehen.

„Das ist unser Wunsch. Es gäbe uns riesengroßes Selbstvertrauen, uns so früh wie möglich für die K.o.-Phase zu qualifizieren“, sagte Tuchel über den Matchball, den sein Team im vierten Spiel der Gruppe A verwerten soll. Ein Erfolg gegen den türkischen Meister, im Hinspiel vor schallend lauter Kulisse im Rams Park mit 3:1 besiegt, wäre gleichbedeutend mit dem 16. siegreichen Gruppenspiel hintereinander. Zuletzt im Dezember 2020, bei 1:1 gegen Atletico Madrid, haben die Münchner Punkte in der Vorrunde des größten europäische Club-Wettbewerbs abgegeben. Damals an der Seitenlinie: Hansi Flick. Seitdem ist doch Einiges passiert. Für manchen Kritiker zu viel – oder zu wenig?

Es ist kein Geheimnis, dass auch intern das klare Ziel ausgegeben wurde, im April und Mai nicht wieder Zuschauer zu sein. Drei Mal war zuletzt im Viertelfinale Schluss, diese Bilanz können auch die perfekten Gruppenphasen in den vergangenen beiden Spielzeiten nicht aufpolieren. „Wir werden weiter hungrig bleiben“, versprach Tuchel, dessen erklärtes Fernziel natürlich das Finale am 1. Juni im Londoner Wembley-Stadion ist. Auch ihm aber ist bewusst, dass die Weichen für einen Triumph im Laufe der Saison gestellt werden. Man spricht da gerne vom „Titel-Geist“, der – spielerisch auf dem Platz, atmosphärisch daneben – wachsen muss.

Eine Machtdemonstration wie am Samstag im deutschen „Klassiker“ kann da nicht nur beflügeln, sondern in der Rückschau ein Knackpunkt sein. „Wir müssen an dieses Niveau anknüpfen“, sagte Tuchel über die bis dato beste Saisonleistung seiner Elf. Auch wenn Sportdirektor Christoph Freund via „Bild“ betonte, dass die bloße Bilanz der bisherigen Spielzeit – mit Ausnahme des Pokal-Aus – „für sich spricht“, ist ein leistungstechnischer Rückschritt strengstens verboten. Weder den Profis selbst noch dem Trainer und den Bossen haben Partien wie etwa in Istanbul und gegen Darmstadt gefallen. Auch wenn es am Ende 3:1 und 8:0 hieß: Fehler wie jene, die die Anfangsphasen dieser beiden Beispiel-Spiele prägten, darf man sich gegen größere Gegner nicht erlauben. Selbst Galatasaray hätte die Bayern deutlich heftiger bestrafen können.

„Wir hatten genug Probleme, um daraus zu lernen“, sagte Tuchel über das Hinspiel. Er verglich Galatasary mit Atalanta Bergamo, das die Königsklasse als Underdog 2019 aufmischte. Trotzdem vertraut er in die eigene Stärke, die er vor den Dauer-Kritikern stets verteidigt. Mithelfen, „an unser Limit zu gehen“, sollen auch die für Dortmund gesund Gepflegten Dayot Upamecano und Leon Goretzka.

Für seinen Auftritt in Dortmund stehe die Boss-Riege übrigens laut Freund „zu 100 Prozent“ hinter Tuchel. So zumindest die offizielle Version. Intern musste man das Geschehene nach Informationen unserer Zeitung am Wochenende noch mal wirken lassen. Es wurde diskutiert, aber man will lieber Ruhe als Ärger. So lassen auch sich Matchbälle leichter verwandeln.

Tuchel jedenfalls will sich auch künftig nicht verbiegen lassen. „Das ist spontan. Das bleibt dann auch authentisch. Ihr werdet normalerweise von mir immer geradeaus eine Antwort und Meinung bekommen“, stellte der Coach am Dienstag ganz gelassen klar.

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