Weltmeisterin – aber keine Zeit, zu feiern

von Redaktion

TENNIS Doppel-Champion Siegemund hetzt nach historischem Coup zum DTB-Team

Cancun/Sevilla – Die „große Kirsche“ auf der Torte, der riesige Sombrero auf dem Kopf: Mit landestypischem Hut bekleidet strahlte Laura Siegemund in der Sonne von Cancun und küsste an der Seite ihrer Partnerin Wera Swonarewa stolz ihren Silberpokal. Durch den Doppel-Titel bei den WTA-Finals in Mexiko schrieb die 35-Jährige ein kleines Stück deutscher Tennisgeschichte – und hatte im eng getakteten Terminkalender doch kaum Zeit zum Genießen.

„Jetzt haben wir tatsächlich das Ding gewonnen. Das ist eine große Kirsche auf der Torte“, sagte Siegemund – kurz nachdem sie als erste deutsche Doppel-Spielerin in der über 50-jährigen Historie des Saisonabschlussturniers triumphiert hatte, und kurz bevor sie sich auf den Weg zum Billie Jean King Cup nach Sevilla machte: „Ich hätte nie gedacht, dass wir mit der Trophäe nach Hause kommen würden.“

Dabei war das hart erkämpfte 6:4, 6:4 über das Duo Ellen Perez/Nicole Melichar-Martinez (Australien/USA) im Finale nur die logische Konsequenz einer starken Saison. Einer Saison, in der Siegemund/Swonarewa ihre ganze Erfahrung ausspielten.

„Was uns stark macht, ist, wie wir in den schweren Momenten zusammenhalten“, sagte Siegemund zu ihrer 39 Jahre alten Partnerin, der ehemaligen Nummer zwei der Einzel-Weltrangliste. Bereits 2020 hatte das Duo bei den US Open zusammen den Grand-Slam-Thron erklommen, nun also ließen sie den nächsten großen Titel folgen – den vierten auf der Tour in diesem Jahr.

„Im Prinzip kann sie sich nun Weltmeisterin nennen“, freute sich auch Barbara Rittner – „das ist absolute Weltklasse.“ Der Turniersieg, so die Bundestrainerin, unterstreiche, was für eine „hochklassige Doppelspielerin“ Siegemund inzwischen sei. „Das wird uns auch im Team helfen.“

Dorthin nämlich – zum deutschen Team – sollte es für Siegemund nach der Siegerehrung schnellstmöglich gehen. Am Donnerstag und Freitag (jeweils 10 Uhr) kämpft die DTB-Auswahl in Sevilla in der Endrunde des Billie Jean King Cups gegen Italien und Frankreich um den Einzug ins Halbfinale. Nur der Gruppensieger kommt weiter. Und Siegemund ist eine Kandidatin für einen Einsatz im Team von Kapitän Rainer Schüttler – auch im Einzel.

Zeit zum Feiern bleibt also kaum, der abenteuerlich eng getaktete Terminkalender im Welttennis lässt ein Durchschnaufen nicht zu. „Das ist ein Trauerspiel, dass die Spielerinnen darunter leiden, dass sich ITF und WTA nicht besser abstimmen können“, hatte Rittner bereits am Montag kritisiert. Es sei „brutal“ und „wirklich nicht mehr zu verstehen“.

Die Vorbereitung der Weltranglisten-86. auf den Nationenwettbewerb, bei dem siegemeinsam mit Tatjana Maria (36 Jahre/Weltranglisten-57. im Einzel), Anna-Lena Friedsam (29/115.), Eva Lys (21/130.) und Jule Niemeier (24/162.) als Außenseiterinnen antritt, ist in der Tat beeinträchtigt. Als Ausrede soll das aber nicht herhalten. „Wir sind nicht die Favoriten, haben aber in der Vergangenheit immer gezeigt, dass wir für eine Überraschung gut sind“, sagte Schüttler: „Die Gruppe zu überstehen, ist ganz klar das Ziel.“

Für Dienstagabend wurde sie in Sevilla erwartet – knapp 8000 km Luftlinie von Cancun entfernt, keine 48 Stunden vor dem ersten Duell und vermutlich mit ordentlichem Jetlag. Erst gegen 3:30 Uhr deutscher Zeit hatte Siegemund ihre 14-stündige Flugreise in die andalusische Hauptstadt antreten können. Ob es der riesige Sombrero mit ins Handgepäck schaffte, ist nicht überliefert.  dpa

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