Belgrad – Wie die neue Zeit aussehen wird, ist offiziell noch unbekannt. Ja, die Ränge der Belgrader Pionir-Arena werden leer sein. Nur einige Journalisten sind zugelassen, wenn die Basketballer von Maccabi Tel Aviv am Donnerstag (20.05 Uhr) gegen den FC Bayern ihr neues Quartier einweihen. Wie weit sie Zugang zu den Protagonisten erhalten – das wird erst vor Ort verkündet. Es ist die Realität, wie alle Auftritte israelischer Sportler trägt auch dieser den Stempel: „Hochrisikospiel.“
Was das mittlerweile heißt, hat der israelische Serienmeister um den, nach einer Verletzung noch fehlenden Ex-Bayernstar Wade Baldwin schon auf Reisen kennengelernt. In Valencia etwa sicherten 700 Polizisten die Partie ab, nur gut 2000 Menschen schauten zu.
Und nun also Belgrad, wo Maccabi ebenso wie der im Eurocup startende Ortsrivale Hapoel und Champions-League-Starter Hapoel Jerusalem auf unbestimmte Zeit ihre Heimat haben soll. Serbische Sicherheitsexperten halten die Gefährdungslage für überschaubar. Und doch: Sportler und Betreuer wurden dafür anonym in einem großen Apartment-Komplex untergebracht, man bewegt sich in Belgrad unauffällig mit Privatautos fort. Bestandteile eines Konzeptes, auf das sich in Serbien Regierung, die Stadt Belgrad und der Basketballverband einigten.
Dass man das tat, hat natürlich auch politische Gründe. Schon seit längerem ist man in Serbien darum bemüht, sich als neutrale Kraft zwischen Westen und Osten zu positionieren. In diese Richtung äußerte sich dieser Tage auch Staatspräsident Aleksandar Vucic.
Doch es ist natürlich auch kein Zufall, dass Mijajlovic Ostoja, der Präsident von Partizan Belgrad, schon zwei Tage nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, seinen Club und die serbische Hauptstadt als Ausweichquartier anbot. Gerade bei Partizan hat man die Tage in den frühen 1990er Jahren nicht vergessen. In der Folge des Bürgerkrieges in Jugoslawien hatte sich der Belgrader Großclub ebenfalls auf die Suche nach einer neuen Heimat machen müssen und wurde im Madrider Vorort Fuenlabrada fündig. Und dabei so heimisch, dass man nicht nur 1991/92 zum Gewinn des Europapokals der Landesmeister durchstartete. Vor einiger Zeit traf man sich zu einem Open-Air-Spiel in Spanien um an dieses besondere Gastspiel zu erinnern.
Anders herum ist Belgrad übrigens auch für Maccabi Tel Aviv ein spezieller Ort. Ausgerechnet die Pionir Arena – jene Halle also, in der man am Donnerstag den FC Bayern treffen wird, war 1977 die Bühne für den ersten Triumph im Europapokal der Landesmeister. Seinerzeit setzte man sich im Finale gegen den italienischen Vertreter Mobilgirgi Varese mit 78:77 durch.
Übrigens: Den ersten Testlauf für seine israelischen Gäste hat Belgrad schon bestanden. In der Champions League spielte Hapoel Jerusalem gegen Galatasaray Istanbul. Das Spiel, das Hapoel mit einem 99:96 für sich entschied, ging letztlich ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne. PATRICK REICHELT