TV-KRITIK
Kaum fragt Patrick Wasserziehr nicht bös, ist Thomas Tuchel ein ganz ein Lieber! Der Stichel-Trainer gab sich gestern beim DAZN lammfromm und zutraulich. Wenn er ein Katzerl wäre, hätte er sich auf den Rücken gelegt und geschnurrt. Da hat es sich gelohnt, dass der Supernett-Sender mit dem sympathischen Interviewer Max Siebald quasi einen Anti-Wasserziehr vorbeigeschickt hat.
Das Gedöns: Laura Wontorra führte mit frecher Strickmütze charmant und fachkundig wie gewohnt durch das Geschehen. Und sie wusste: „Das Flutlicht ist an.“ Alles andere wäre auch blöd, denn bei Finsternis trifft nicht mal Harry Kane. Fragen-Siebald war voll nett zum TT und erkundigte sich ohne Arglist nach der Taktik gegen Gala. Laura ratschte mit Jan-Christian Dreesen freundlich über die Diskussionskultur beim FCB. Schon interessant, wie die Fußballsender mit ihren Rechten umgehen. Sky setzt auf Krawall, DAZN auf braven (und manchmal fast zu braven) Plausch. Der goldene Mittelweg wäre dufte.
Der Experte: Man war als Zuschauer gespannt, ob Michl Ballack wieder mehr redet als die Funktionäre bei der XVII. Generalversammlung des VEB Plaste und Elaste 1975 in Schkopau. Aber der Michl war gar nicht da. Ihn vertrat Weltmeister Sami Khedira. Der Sami Wort-Drechsel ist ein Experten-Frischling und lobte die Bayern ausführlich: „Sie haben das Potential von einem ICE, der da einfach durchrast. Nur, leider, wie es auch im realen Leben ist, manchmal mit einer Systemstörung.“ Für Tuchel zeigte er Verständnis: „Ich verstehe, dass er angepisst ist und sich wehren muss.“ Sami schwäbelte schlaue Analysen und wusste die überschaubare Bedeutung von Experten korrekt einzuordnen: „Wir sind die, die nur ein bisschen drumrumreden.“ Schön, wenn man sich nicht so wichtig nimmt wie Kollege Matthäus.
Der Kommentator: Marco Hagemann, der Hamann mit „ge“ im Namen, ist ein bewährter Unfug-Lieferant auf allen Kanälen. Er begrüßte Khedira als „Unser heutiger Experte am heutigen Abend“. Bei den Bayern-Angriffen bemängelte er die „fehlende Finalisierung“. Und als immer noch keine Tore gefallen waren, errechnete er: „Es steht eben Nullnull, nä?“ Da freute man sich über Analyse-Talent Khedira, der die Thomas-Müller-Magerhaxen sehr treffend als „Stöckchenbeine“ bezeichnete. JÖRG HEINRICH