Vergangenes Wochenende fand das erste NHL-Spiel in Frankfurt statt. Kommenden Sonntag folgt die Partie zwischen Ex-Champion New England Patriots und den Indianapolis Colts (15.30 Uhr/RTL und DAZN). Unsere Zeitung hat mit der deutschen Football-Legende Sebastian Vollmer (39) gesprochen.
Herr Vollmer, wie haben Sie das vergangene Wochenende in Frankfurt wahrgenommen?
Die Tage zum Spiel hin waren fantastisch, auch die Stimmung im Stadion super. Es gab wieder jede Menge Aktivitäten in der Stadt, ich habe von allen Seiten keinerlei Beschweren gehört. Für den Sportfan war es hinten raus ja auch noch ein richtig gutes und spannendes Spiel. Das hätte auch anders ausgehen können, so wie Kansas City vorgelegt hat.
Es wurden viele Vergleiche zu München gezogen. Es ist das unfair, weil München die Premiere war?
Genau so sehe ich das. In München war das erste Mal ein reguläres NFL-Spiel auf deutschem Boden, das war etwas ganz Besonderes. Premieren haben immer einen besonderen Reiz. Ich erinnere mich oft an München zurück, das hat sich ins Gehirn eingebrannt. Man kann die verschiedenen Spiele nicht miteinander vergleichen, das wird dem Sport nicht gerecht. Alle Menschen, mit denen ich im Austausch war, genießen es auch in Frankfurt sehr. Auch die Teams und die NFL waren sehr zufrieden. Man sieht wieder so viele verschiedene Trikots in der Stadt. Aktuell ist Schichtwechsel, die ersten hunderttausend Fans sind gefahren, jetzt kommen so langsam die neuen wieder. Spätestens zum Wochenende ist es dann wieder richtig voll.
Sie haben mit den New England Patriots zweimal den Super Bowl gewonnen. Schon nervös oder noch ganz entspannt?
Noch bin ich ganz entspannt (lacht). Letzte Woche war krass, aktuell ist es ein bisschen ruhiger. Jetzt kommen dann aber auch die Patriots-Oberhäupter so langsam nach Frankfurt, das Team landet am Freitagmorgen. Dann geht es wieder richtig ab. Es wäre natürlich ein Traum gewesen, als aktiver Spieler in Deutschland aufzulaufen. Das wäre noch mal eine Krönung meiner Karriere gewesen. Aber ich kann das Ganze jetzt hautnah miterleben, das ist mehr als nur ein Trostpreis.
Für die Patriots läuft es aktuell nicht. Wie sehr ärgert das Meistermacher Bill Belichick, unter dem Sie jahrelang gespielt haben?
Das nervt ihn absolut. Das ist eine der frustrierendsten Saisons, die er je hatte. Es könnte die schlechteste Saison werden, die er je hatte. Wir waren das erfolgreichste Team der letzten 20 Jahre. Vom Olymp sind wir irgendwo nach unten gefallen, das ist frustrierend. Erst recht, wenn du so oft schon oben warst, wenn du weißt, wie es funktioniert, und jetzt kommst du nicht mehr dahin. Aktuell gibt es viel Gemunkel um Bill und wie es mit ihm weitergeht. Es geht wirklich um viel. Für die ganze Mannschaft. Du versuchst das von dir fernzuhalten. Aber in Amerika ist die mediale Aufmerksamkeit noch mal größer, man wird schnell verurteilt.
Wie wichtig ist das Wochenende für die Patriots aus Marketing-Sicht?
Das ist wirklich eine riesige Gelegenheit. Bei der letzten Erhebung hatten wir die größte Fangemeinde aller NFL-Teams in Deutschland. Die meisten davon haben uns bislang nur im TV verfolgt. Jetzt sind wir in Deutschland. Den Fans wollen wir auch was bieten, es soll ein großes Dankeschön für ihre riesige Unterstützung sein. Man darf nicht vergessen, dass Robert Kraft (Eigentümer der Patriots, d. Red.) auch Einbußen in Kauf nimmt. Man gibt ein Heimspiel in Amerika in einem viel größeren Stadion ab, die Flüge, die ganzen Logistikkosten. Aber natürlich ist das eine wahnsinnig große Chance, um unsere Marke hier weiter auszubauen und zu zeigen, wofür die New England Patriots stehen.
Es wurde viel über Entertainment im Football gesprochen. Sie haben in der NFL gespielt, arbeiten jetzt für die Liga, die Patriots, sind Botschafter und Kommentator – kennen also viele Blickwinkel. Kann man Football und Entertainment überhaupt trennen?
Das geht in Hand in Hand. Ich glaube zu jeder Sportart gehört Entertainment, im Football ist es halt noch mal ein bisschen extremer. Aber du kannst Football auf jedem Level genießen. Du kannst sagen: Ich kenne mich nicht mit Football nicht aus, aber mag das ganze Drumherum. Das sieht man beim Super Bowl, letztes Jahr haben zur Halbzeitshow mehr Leute eingeschaltet als zum eigentlichen Spiel – allein in Amerika 125 Millionen. Du kannst aber auch in die Tiefe gehen, jedes Spiel ins Detail analysieren, auch da bietet die Liga genug. Zwischen sich bei ein paar Wings und Bier einfach berieseln lassen und selbst Trainer spielen ist doch alles dabei.
Interview: Nico-Marius Schmitz