Bayerns 100-Millionen-Versicherung

von Redaktion

„Volltreffer“ Kane nährt nach Achtelfinaleinzug die Hoffnung auf mehr

VON VINZENT TSCHIRPKE UND HANNA RAIF

München – Selbst erfahrene Topstürmer erleben manchmal noch Überraschungen. Es lief die 80. Minute in der Allianz Arena, und alles schien seinen gewohnten Gang zu nehmen. Harry Kane (30) traf nach Freistoßflanke von Joshua Kimmich (28) zum 1:0, die lang ersehnte Führung in einem umkämpften Champions-League-Match gegen Galatasaray Istanbul. Schiedsrichter António Nobre (34) pfiff den Treffer zunächst wegen Abseits zurück, nach kurzem Check gab er das Tor doch. Aber: Noch während die Bayernspieler feiern, meldete sich der VAR wieder – und checkte den Treffer noch einmal. „Ich hätte beinahe drei Mal über mein Tor gejubelt“, sagte Kane nach dem Spiel lachend über den ungewohnten Doppelcheck.

Nachdem sich der Rekordmeister gegen hoch pressende Istanbuler lange schwertat und sich immer wieder Ballverluste im Aufbauspiel in Kauf leistete, war es Superstar Kane, der sich gegen die drohenden Punktverluste stemmte. Schon in der ersten Hälfte probierte es der Stürmer auf eigene Faust aus der Distanz, danach setzte er seine Mitspieler Leroy Sané (27) und Jamal Musiala (20) mit klugen Steckpässen in Szene. Bis in die Schlussphase blieb Kane dabei aber genau so unglücklich wie seine Mitspieler – in der 54. Minute setzte er einen Abschluss per Grätsche an den Pfosten. Und so wirkte es am Mittwochabend lange, als ob der Rekordmeister gegen den „verrückten Fußball“, wie Thomas Müller die Spielweise von Gala bezeichnete, keine Lösungen parat hatte.

Trotz optischer Überlegenheit erspielte sich der FC Bayern kaum Chancen, auch durch die Verletzung von Musiala wirkte die Offensive ungewohnt fahrig. Beim Abseitstreffer von Lucas Torreira (27) und einer möglichen Gelb-Roten-Karte für Alphonso Davies (23) hatte das Team von Thomas Tuchel zudem Glück, unbeschadet in die Schlussphase zu kommen.

In den letzten Minuten war dann Kane-Time: Durch den Führungstreffer samt Doppelcheck brach der Torjäger den Bann und legte nur fünf Minuten später nach. Nach Flanke von Kingsley Coman sorgte der Engländer für die Entscheidung, durch seinen Doppelpack steht er nun bei 19 Saisontoren – und das im 15. Einsatz.

Das Ergebnis: der sichere Gruppensieg und der vorzeitige Einzug ins Achtelfinale der Königsklasse. „Er ist beeindruckend, als Spieler aber auch als Mensch. Wie demütig er ist und wie er auftritt in der Kabine“, sagte Christoph Freund nach der Partie über den Topstürmer. Der Sportvorstand lobte den 100-Millionen-Euro-Mann als „absoluten Teamplayer und Volltreffer für den FC Bayern“. In eine ähnliche Kerbe schlug Leon Goretzka. „Seine Art und Weise, Fußball zu spielen, kommt mir und Jamal zugute. Er reißt Räume auf, kann in die Tiefe spielen“, lobte der Mittelfeldspieler – und fügte an: „Im Moment passt es sehr, sehr gut.“

Und Kane selbst? Sagte nach dem Spiel, dass ihn die vielen Tore „nicht überraschen, aber sehr freuen“.

Durch die nächste Galavorstellung durfte er sich außerdem in seiner neuen Parade-Disziplin üben: Wie üblich nahm der Goalgetter nach Abpfiff ein Selfie mit der Man-of-the-Match-Trophäe auf, schon nach seinen Dreierpacks gegen Bochum, Darmstadt und Dortmund schoss Kane ein Beweisfoto mit dem Ball. Das Lächeln und die Pose auf den Matchwinner-Fotos sind dabei immer die gleichen – inzwischen hat der Torjäger darin fast so viel Übung wie bei seinen Abschlüssen vor dem Tor. Den Bayern passt das gut in den Kram, denn es nährt die Hoffnung, dass es nach dem Achtelfinaleinzug erfolgreich weitergeht.

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