München – Die Stimmung wird heuer in der Rudi-Sedlmayer-Halle womöglich eine andere sein, denn die Zeit ist es auch. Nicht wie üblich am Freitagabend, sondern an diesem Sonntagvormittag (11 Uhr, Einlass 9 Uhr) begrüßt der FC Bayern seine Mitglieder zur Jahreshauptversammlung; ein Novum, gut durchdacht. „Wir bauen darauf, dass viele Mitglieder kommen, um unter anderem über die neue Satzung abzustimmen“, sagt Präsident Herbert Hainer gegenüber unserer Zeitung. Den Sonntag, das ist ja bekannt, verbringt man am besten mit der Familie. Und als nichts anderes versteht sich der deutsche Rekordmeister.
Hainer ist da ein Präsident, der vorweg geht – mit Worten und Taten. „Gerade in der heutigen Zeit ist Identifikation ein wichtiges Schlüsselwort“, sagt der 69-Jährige mit Blick auf die Welt, die „immer anonymer, schnelllebiger, unsicherer“ wird: „Da kann ein Verein wie der FC Bayern ein Zuhause geben.“ Daher ist es ihm auch besonders wichtig, dass „bei einem Verein von über 300 000 Mitgliedern eine möglichst große Gruppe auch bei der Weichenstellung beteiligt“ ist. 1395 Stimmberechtigte wählten Hainer im Vorjahr erneut zum Präsidenten, am Sonntag hofft man auf deutlich mehr Teilnehmer. Hainer wirbt für „gelebte Demokratie“ – und betont: „Es ist wichtig, dass möglichst viele Mitglieder von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen.“
Wahlen stehen nicht an, aber es wird um Werte und Prinzipien gehen, die Basis für einen funktionierenden Verein. In monatelanger Abstimmung und nach zwei Satzungsforen im Frühjahr und Herbst hat der FC Bayern gemeinsam mit seinen Mitgliedern Änderungen erarbeitet, die in der neuen Satzung verankert werden sollen. Transparent und partizipativ ist es zugegangen, der Prozess war aufwendig, der Doppelpass mit den Mitgliedern hat sich aber gelohnt. Die neue Satzung ist moderner – und von allen Seiten getragen.
Der Dialog steht da im Vordergrund, ein Wort, „das wir beim FC Bayern in Großbuchstaben schreiben“, wie Hainer betont. So wurden im zurückliegenden Jahr neben diversen Workshops und Treffen in München erstmals auch Mitgliederstammtische in Köln, Leipzig und Salzburg organisiert. Hainer kehrte stets mit „wertvollen Impulsen“ zurück, bestärkt im „Miteinander. So soll der FC Bayern wirken“. Das gilt freilich auch für das soziale Engagement, das Hainer wie seinem Vorgänger Uli Hoeneß am Herzen liegt. „Wir übernehmen Verantwortung“, Beispiele gibt es genug: Die im Rahmen der Initiative „Rot gegen Rassismus“ und gemeinsam mit dem Fanclub „Red Deaf“ entwickelten Gebärdennamen für Spielerinnen und Spieler, ein Wochenende im Zeichen der Erinnerungskultur sowie der „Diversity Mountain“ im Sommer als Zeichen der Vielfalt.
Der FC Bayern, sagt Hainer, will seinen mehr als 300 000 Mitgliedern „Halt geben. Was wir als Verein leisten können, ist Zusammenhalt zu vermitteln und zu stärken.“ Dass das gelingt, zeigt das größte Mitgliederwachstum der Vereinsgeschichte. Erfreulich ist zudem die Aussicht für Finanzvorstand Michael Diederich: „Unsere Mitglieder können sich auf die Bilanzen freuen“, kündigt Hainer an. Jenseits der 800 Millionen Euro soll der Umsatz laut „kicker“ liegen. aber auch darüber hinaus bezeichnet Hainer den Ist-Zustand des Clubs als „glänzend“. Das gilt für die in der Liga ungeschlagenen Profis, die auf Platz eins stehenden Frauen und die Basketballer unter dem neuen Coach Pablo Laso.
Hainers Rede liegt bereit – natürlich freut sich der Präsident, „das alles mit unseren Mitgliedern zu teilen“. Auch Thomas Tuchel und Christoph Freund werden lauschen, dazu der eine oder andere Spieler. Für sie allerdings ist irrelevant, was ein paar andere Mitglieder doch interessieren dürfte: Freibier gibt wird es auch am Sonntagmittag geben – so gehört es sich in Bayern zur besten Weißwurst-Zeit.