Saisonabschluss im Tennis

Zverev läuft die Zeit davon

von Redaktion

VON THOMAS JENSEN

Alexander Zverev gehört zweifellos zu den weltbesten Tennisspielern. Das hat er 2023 mit der Qualifikation zu den nun anstehenden Finals, dem elitären Treffen der besten Acht, erneut gezeigt. Aber ist das gut genug?

Bisher nicht. Zumindest nicht, wenn es darum geht, in der Öffentlichkeit als erfolgreicher Tennisspieler in Erinnerung zu bleiben. Sein zwei Jahre alter Olympiaerfolg wird schon jetzt überstrahlt von Wutausbrüchen auf und Vorwürfen von Ex-Partnerinnen neben dem Platz. Seine sportliche Instabilität wird Zverev zudem nicht los. Und diese hindert ihn daran, Momente zu kreieren, die sich fest in das kollektive Gedächtnis der Tennis-Gemeinde einbrennen: Triumphe auf den Centre Courts in Melbourne, New York, Paris oder Wimbledon. Ja, es war eine Comeback-Saison. Aber die auch 2023 gezeigten Leistungsschwankungen und manchmal rätselhaft passiven Phasen gab es auch schon vor seiner Sprunggelenkverletzung. Das abzulegen, diese Hürden auf dem Weg zum Grand-Slam-Titel zu überspringen, ist unabdingbar für die sportliche Vollendung.

Der Anlauf, um den ersehnten Sprung auf den Tennisgipfel noch zu schaffen, wird mit jedem erfolglosen Grand-Slam-Turnier kürzer. Das bedingt der Tennissport, der eine stetig nachrückende, gnadenlose Konkurrenz produziert. Und das zeigen auch die Geschichtsbücher. Zverev bleibt noch ein Grand-Slam-Turnier als 26-Jähriger, die Australian Open im Januar. Vor den French Open ist er schon 27 Jahre alt. Seit dem Märchen des 17-Jährigen Boris Becker 1985 in Wimbledon gab es im Männer-Tennis 34 verschiedene Grand-Slam-Sieger. Nur sechs waren allerdings bei ihrem Premieren-Titel 27 Jahre oder älter (Andres Gomez 1990, Thomas Muster 1995, Petr Korda 1998, Goran Ivanisevic 2001, Stan Wawrinka 2014 und Dominic Thiem 2020). Die Zeitspanne, den letzten Schritt zu machen, sie schließt sich langsam.

Die Tennis-Saison 2023 war für Alexander Zverev bei all diesen Einwänden mehr als ordentlich. Und, auch das ist Teil der Wahrheit: Ohne Alex hätte die deutsche Fan-Gemeinde im nächsten Jahr gar keinen Grund mehr mitzufiebern, wenn es bei den Grand Slams und Olympia um die großen Titel im Männer- und Frauentennis geht

thomas.jensen@ovb.net

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