München – Den Wink mit dem Zaunpfahl hat Thomas Tuchel vergangene Woche nicht verstanden. Als der Trainer des FC Bayern im Live-Interview mit Blick auf die nun begonnene Länderspielpause sagte „Für Trainer ist das sensationell. So darf man mit gutem Gewissen ein paar Tage Urlaub machen und abschalten“, erwiderte DAZN-Experte Sami Khedira: „Es kann immer ein Anruf kommen.“ Der ehemalige Nationalspieler spielte damit freilich auf Tuchels Vorgänger Julian Nagelsmann an, der von seinem Aus während einer Abstellperiode beim Skifahren erfuhr. Aber Tuchel hat aktuell nichts zu befürchten – und an der Säbener Straße tatsächlich so gut wie gar nichts zu tun.
„Bis auf Bouna Sarr sind alle weg“, hatte der 50-Jährige vergangene Woche noch angekündigt. Allerdings hat sich auch der Senegalese nach dem 4:2 gegen Heidenheim in den Flieger gesetzt und ist in Richtung Heimat geflogen. Ein Einsatz im Nationaldress ist nicht vorgesehen, vielmehr hat der 31-Jährige, der am Samstag zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren in der Bundesliga-Startelf stand, seinen Privattrainer namens „Flamma“ mitgenommen, um sich vor Ort fit zu halten. Die meisten Sorgen begleiten traditionell jene Profis mit den meisten Flugstunden. So ist Minjae Kim zunächst in Seoul gefordert, ehe es am kommenden Dienstag (13 Uhr) in Shenzhen gegen China geht. Nach mehr als 15 Stunden Flugzeit wird der Innenverteidiger am Mittwoch zurück sein – und muss bereits am Freitag (20.30 Uhr) in Köln wieder für die Startelf parat stehen.
Noch anstrengender dürfte es für Alphonso Davies werden, der mit Kanada im Rahmen des Viertelfinales der CONCACAF Nations League zwei Mal auf Jamaika trifft. Das Rückspiel findet erst in der Nacht zum Mittwoch (1.30 Uhr) in Toronto statt. Wie müde Davies’ Beine am Freitag sein werden, kann man sich aktuell nur ausmalen. Es ist gut möglich, dass daher der tatsächlich in München gebliebene Raphael Guerreiro in Köln beginnen wird.
Der Portugiese hat nun eineinhalb Wochen, um sich fit für 90 Minuten zu machen. Neben ihm trainieren Eric Maxim Choupo-Moting, die beiden Torhüter Sven Ulreich und Manuel Neuer in München, während Jamal Musiala und Matthijs de Ligt in der Reha schuften.
Tuchel wird all das aus seinem Urlaubsdomizil beobachten. Dass es für viele seiner Spieler – unter anderem die DFB-Spieler, Harry Kane und die Franzosen – um nicht (mehr) viel geht als gute Tests, passt ihm ganz gut. So kann er womöglich wirklich mal durchatmen, denn die zurückliegenden Wochen haben auch am Coach gezerrt. Nicht körperlich, sondern psychisch. Vielleicht ist es ganz gut, das Telefon mal wegzulegen.
HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER