Gurgl – Neue Piste, neues Glück? Wenn die alpinen Skirennfahrer am Samstag ihre Weltcup-Premiere im österreichischen Gurgl feiern, richten sich die Augen der Deutschen vor allem auf Linus Straßer. Der Slalom-Spezialist will den nächsten Schritt aus dem Schatten von Felix Neureuther machen und in diesem Winter um den Gesamtsieg in seiner Paradedisziplin mitfahren. Nachdem der Norweger Lucas Braathen, der beste Slalom-Fahrer der Vorsaison, im Oktober Knall auf Fall zurücktrat, hat Straßer schon mal einen Konkurrenten weniger im Kampf um die kleine Kristallkugel. Doch der 31-Jährige braucht Konstanz.
Dass er das Können hat, ist nicht erst seit dem bisher letzten Triumph beim Nachtslalom in Schladming im Januar 2022 unbestritten. Dennoch: An einen Neureuther reicht er in der öffentlichen Wahrnehmung nicht heran. Der insgesamt 13-fache Weltcupsieger ist – nicht zuletzt durch seine Rolle als TV-Experte – immer noch präsenter als alle Männer aus dem aktuellen Team des Deutschen Skiverbandes (DSV) zusammen. Dabei hat Straßer durchaus das Potenzial, die Zuschauer vor den Fernseher oder an die Strecke zu locken. Der Athlet vom TSV 1860 ist schnell, selbstbewusst und eine der schillernderen Figuren, von denen es im Weltcup aktuell nur wenige gibt.
Vergangenen Winter wurde Deutschlands Top-Techniker zweimal Dritter –- in Madonna di Campiglio und Adelboden. Zum Saisonende hin ließen die Kräfte und Ergebnisse allerdings nach. Straßer sei „körperlich hinten raus nicht mehr fähig gewesen, durchzuziehen“, erklärte Bundestrainer Christian Schwaiger und begründete das unter anderem mit den Erkältungen, die den Sportler vor allem um Weihnachten und den Jahreswechsel herum geplagt hatten. „Irgendwann kriegst du das zurück“, meinte Schwaiger.
Dazu kamen die neuen Lebensumstände. Straßer wurde im Dezember Vater einer Tochter. Es dürfte für ihn kaum etwas Schöneres geben, doch es verändert eben auch seine Rolle. Diese Saison also soll die deutsche Slalom-Hoffnung nach Möglichkeit den nächsten Schritt machen – im Entwicklungsprozess, raus aus dem langen Neureuther-Schatten. dpa