München – Der kleine Mann mit den markanten Rastazöpfen stand noch lange nach Spielende auf dem Feld des BMW Park. Plauderte und scherzte. Als wollte er ihn noch ein bisschen festhalten, diesen ungewöhnlichen Basketball-Abend. 94:85 hatte er sich mit seinem FC Bayern gegen Partizan und einige tausend Basketball-Fans durchgesetzt. Und Carsen Edwards war in einem strahlenden Team noch ein bisschen strahlender gewesen. 21 Punkte steuerte der us-amerikanische Wirbelwind bei. Doch am Ende interessierte ihn nur die oberste Zeile der Anzeigetafel. „Es war wichtig, dass wir uns mit diesem Sieg für die ganze Arbeit belohnt haben“, sagte er, „das gibt uns neuen Schwung.“
Dabei hätte der Texaner mit dem Faible für lackierte Fingernägel gute Gründe gehabt, auch sich selbst auf die Schultern zu klopfen. Immerhin war Edwards nach starker Vorbereitung in den ersten Saisonwochen eines der Symbole des Münchner Scheiterns gewesen. Bis zum Mittwochabend hatte er in der Euroleague im Schnitt 8,7 Punkte aufgelegt. Nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut für einen Mann, der auch deshalb geholt wurde, um den Unterschied zu machen. Seine Auftritte hatten viel vom Prinzip mit dem Kopf durch die Wand.
Das Bemerkenswerte war. Trainer Pablo Laso hat ihn machen lassen. Es ist eine der großen Stärken des Spaniers, auch in kritischen Momenten Vertrauen zu schenken. „Carsen ist ein Scorer, er wird treffen“, sagte Laso kürzlich, „würden Sie im Fußball an Harry Kane zweifeln?“ Die Überzeugung scheint sich auszuzahlen. 16, 17, 21 – das ist Edwards Ausbeute in den drei letzten Partien in Europa. Woran Edwards selbst nie zweifeln wollte. „Ich muss nur meinen Rhythmus finden“, hatte er nach seinem Holperstart gesagt.
Letztlich hat er in diesem Geschäft ja immer seine Wege gegen alle Widerstände gefunden. Mit 1,80 Metern ist er schwer im Nachteil im Sport der Riesen. Er hat sein Glück mit Tempo und einem eindrucksvollen Körper gefunden. Die Kombination hat Edwards sogar in den Dunstkreis der weltbesten Liga NBA befördert. 76 Mal durfte er für die Boston Celtics und die Detroit Pistons ran ehe er sich für den Umzug nach Europa entschied, wo er über Istanbul nach München fand.
Wobei das Lebensumfeld für einen wie ihn fast zweitrangig ist. Edwards ist keiner jener Profis mit Familie, die es zur Sesshaftigkeit zieht. Er tourt alleine, mehr als ein paar „gute Restaurants“ und den ein oder anderen „netten Spaziergang“ braucht er nicht zum Glück. Ihm geht es um „das Spiel, das ich liebe“. Die Weiterentwicklung als Basketballer. Wofür ihm vor allem der hoch dekorierte Bayern-Trainer Pablo Laso und sein Tempospiel gute Argumente für den Umzug an die Isar waren.
Der Anfang ist gemacht. So wie gegen Belgrad will Edwards weitermachen. Am liebsten schon an diesem Freitag (19 Uhr) – dann geht es bei Zalgiris Kaunas weiter. PATRICK REICHELT
„Wir haben uns für unsere Arbeit belohnt“
„Würden Sie an Harry Kane zweifeln?“