München – Als im Sommer 2017 bekannt wurde, dass der Wolfsburger Autohersteller Volkswagen den Stuttgarter Konkurrenten Mercedes-Benz zwei Jahre später als Hauptsponsor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ablösen werde, war die Welt in Fußball-Deutschland noch rosarot. Immerhin war die Männer-Nationalmannschaft amtierender Weltmeister, die U21 amtierender Europameister und das Frauen-Team amtierender Olympiasieger.
Der DFB befand sich dementsprechend in einer mehr als komfortablen Verhandlungsposition. Die Partnerschaft, die mit dem 1. Januar 2019 begann und nach der Heim-Europameisterschaft 2024 ausläuft, fiel daher äußerst lukrativ aus: Etwas mehr als 25 Millionen Euro pro Jahr soll der Verband von VW kassieren. Doch auch den Wolfsburgern gelang bei den Verhandlungen damals ein PR-Coup, auf den sie heute noch stolz sind: Sie ließen sich zusichern, das VW-Logo in XXL auf sämtlichen Trainingsklamotten drucken zu lassen. Seitdem befindet sich der deutsche Fußball allerdings im freien Fall. Und ausgerechnet in dieser sportlich katastrophalen Phase, muss der Verband mit seinem Hauptsponsor über eine Verlängerung der Partnerschaft über 2024 hinaus verhandeln.
Unsere Zeitung weiß: Die Gespräche befinden sich derzeit in der heißen Phase. Zwar streben beide Parteien eine weitere Zusammenarbeit an – aber nicht um jeden Preis! VW möchte die Summe laut Bild drastisch senken. Diese Erkenntnis ist nicht neu in Wolfsburg und hat freilich auch mit der sportlichen Talfahrt der DFB-Teams zu tun.
Problem: Beim Verband sieht man das komplett anders und möchte künftig lieber mehr als weniger kassieren. Leidet man in Frankfurt an Realitätsverlust? Oder kämpft der klamme Verband mit seiner Verhandlungsstrategie schlichtweg ums Überleben? Immerhin ist er auf jeden Euro angewiesen. Darüber hinaus muss der DFB auch noch das Millionen-Gehalt von Ex-Bundestrainer Hansi Flick (58) zahlen, nachdem dieser freigestellt wurde.
Zudem plagen den Verband zahlreiche Altlasten. Wegen nötiger Steuerrückstellungen ergebe sich ein Schuldenstand von 33,5 Mio. Euro. Für das laufende Jahr 2023 steht ein Haushalts-Minus von 19,5 Mio. Euro in den Büchern. Nicht zu vergessen die Mehrkosten beim Bau der DFB-Akademie. Statt der geplanten 150 Mio. Euro kostete die neue Verbandszentrale 30 Mio. Euro mehr. Mehr VW-Millionen wären da freilich hilfreich.
Doch der Automobilhersteller verfolgt nach Corona-Pandemie und Halbleiter-Krise ebenfalls einen harten Sparkurs und kann das Sponsoring schlecht erhöhen, während er die Personalkosten um 20 Prozent senken möchte. Das wahrscheinlichste Szenario daher: VW zahlt in Zukunft eine geringere Summe an den DFB, gibt dafür aber Sponsoring-Rechte (Bandenwerbung, DFB-Pokal, etc.) ab, die der Verband neu vermarkten könnte. Vielleicht eine Win-Win-Situation für beiden Seiten. bok/pk
Den Verband plagen Altlasten