Ein Kanaldeckel zerstört die „größte Show“

von Redaktion

Auftakt der Formel 1 in Las Vegas wird zur Farce – doch Kritik wollen die Macher nicht hören

Las Vegas – Die „Größte Show der Welt“ war in diesem Moment nur noch ein Rohrkrepierer, und bei der Formel 1 war man etwas dünnhäutig. Toto Wolff wurde laut, er gestikulierte wild, denn gerade hatte jemand deutliche Zweifel am Erfolg des Großen Preises von Las Vegas geäußert.

„Wie kannst du es wagen“, rief der Motorsportchef von Mercedes, „so über ein Event zu sprechen, das einen neuen Standard für diesen Sport setzt, das den ganzen Sport größer machen wird?!“ Über Monate hatte die Formel 1 dieses Rennen zum ultimativen Ereignis erklärt, jeder solle hinschauen – wer das allerdings tat, sah gleich nach acht Minuten des ersten Trainings einen havarierten Ferrari, schwer getroffen von einem fliegenden Gullydeckel auf dem Las Vegas Boulevard.

Die Show war damit vorläufig beendet, bevor sie richtig angefangen hatte. Die zweite Session fand mit zweieinhalb Stunden Verspätung um 2.30 Uhr in der Nacht statt, mit überarbeiteter Strecke, aber ohne Fans, die Tribünen waren bereits geschlossen. Dominiert wurde das Training dann trotz des Crashs zuvor von Ferrari: Charles Leclerc (Monaco) fuhr im zweiten freien Training mit 1:35,265 Minuten die beste Runde und verwies Teamkollegen Carlos Sainz (+0,5) deutlich auf den zweiten Rang. Dass dieser überhaupt teilnehmen konnte, war nicht selbstverständlich: Mit 320 km/h war er über die Abdeckung des Kanals gerast, als diese sich löste und mit hoher Wucht den Unterboden des Ferraris traf.

Zu sehen war all das nur in Clips, die den TV-Zuschauern vorenthalten blieben: Die Weltregie verzichtete auf die Bilder. Und zeigte stattdessen Luftaufnahmen der eindrucksvollen Strecke rund um die hell erleuchteten Casinos. Von diesen Szenen erhofft sich die Rennserie einen Vermarktungsschub. Einer Grundsatzdebatte über ihr neues Leuchtturm-Projekt Las Vegas wollte sie dagegen verhindern. Der peinliche Zwischenfall war hingegen Treibstoff für jene, die sowieso Zweifel am pompösen Auftritt haben. Wohl auch der Grund für Wolffs Ausbruch, dem eigentlichen Vorfall wollte der Österreicher keine große Bedeutung beimessen. „Das ist kein blaues Auge, das ist nichts“, sagte er noch: „Es ist Donnerstagabend in Vegas, in Europa schauen die Leute um die Zeit nicht mal zu. Morgen wird niemand mehr darüber reden.“

Auch Zak Brown (McLaren) und James Vowles (Williams) wiesen darauf hin, dass es ähnliche Vorfälle auch bei anderen Stadtrennen wie Monaco und Baku schon gab. Auch Ferrari-Teamchef Fred Vasseur, zwar sichtlich erbost über den Totalschaden an Sainz’ Auto, wollte nichts Schlechtes über das neue Rennen und sagen. „Sie haben auf sportlicher Seite Scheiße gebaut“, meinte er mit Blick auf die Versiegelung der Kanäle: „Das hat aber nichts mit der Show zu tun. Ich glaube immer noch, dass Las Vegas großartig für die Formel 1 ist.“ Dass dieses größtmögliche Scheitern beim Auftakt nun aber bei größtmöglicher Fallhöhe geschah, hatte irgendwie doch mit dem Trubel zu tun, den die Königsklasse zuvor rund um den Grand Prix gemacht hatte. Und dass der sportliche Kern der Formel 1 und das Bekenntnis zur Show immer wieder kollidieren werden, hatte schon der Mittwoch vermuten lassen. Nur „1 Prozent Sport-Event“ sei das noch, sagte Weltmeister Max Verstappen. Auf der Eröffnungsfeier habe er sich „wie ein Clown“ gefühlt.  sid

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