Feuerprobe für Nagelsmann

von Redaktion

Emotionales Heimdebüt des Bundestrainers gegen die Türkei – DFB will Stabilität

VON FRANK HELLMANN

Berlin – Fast 2,3 Millionen Ticketanfragen sind für das EM-Endspiel im Berliner Olympiastadion eingegangen. Deutsche Fans hoffen, dass ihre Nationalelf vielleicht sogar mitspielt – eine Zielvorgabe, mit der der neue Bundestrainer Julian Nagelsmann noch vorsichtig ist. Sein Heimdebüt gegen die Türkei am Samstag (20.45 Uhr, RTL) gleich am Sehnsuchtsort des nächsten Sommers zu bestreiten, muss aber kein schlechtes Omen sein.

„Das wird sehr, sehr laut. Es werden viele türkische Fans da sein, das ist immer schön, eine starke Emotionalität zu spüren“, hat Nagelsmann im Vorlauf verkündet. „Wir freuen uns auch, wenn die deutschen Fans mitgrölen und dagegenhalten.“ Die Indizien sind erdrückend, dass sein Team eher eine Atmosphäre wie bei einem Auswärtsspiel vorfindet. Und weil es gleich danach am Dienstag gegen Österreich in Wien weitergeht, „in einer „wunderschönen Stadt, in einem sehr geschichtsträchtigen Stadion“, stehen beide Prestigeduelle für den 36-Jährigen „unter dem Vorzeichen der Emotionalität“.

Fernab aller sportpolitischen Brisanz freut sich Nagelsmann auf ein Länderspiel, das als Stimmungs- und Härtetest dient. Dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zwar mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht, aber tags darauf nicht auf der Tribüne sitzt, hat beim DFB und den Sicherheitskräften gleichermaßen für Erleichterung gesorgt. Die 22. deutsch-türkische Begegnung ist übrigens vor allem deshalb zustande gekommen, weil der inzwischen schon wieder als türkischer Nationaltrainer entlassene Stefan Kuntz sich dafür einsetzte.

Stürmer Niclas Füllkrug blickt bereits in Richtung EM: „Die Ziele, die wir alle erreichen wollen und natürlich auch im Hinterkopf haben, werden wir nur dann verwirklich können, wenn wir jetzt unsere Leistung bringen, jetzt besser werden und unsere Spiele gewinnen.“ Auf dem Lehrplan steht: defensive Stabilität verstärken, ohne die offensive Qualität zu verlieren. Eine besser ausbalancierte Leistung in der Hauptstadt wäre hilfreich.

Nagelsmann hat bei der USA-Reise zwar erste Ansätze gesehen, aber vom perfekten Spiel waren seine Protagonisten zweimal noch weit entfernt. Ihn stört es nur, dass es nach dieser Maßnahme „einen langen Break“ gibt. Fast fünf Monate vergehen bis zu den nächsten Partien im März – die Testspielgegner sollen nach der EM-Auslosung (2. Dezember) festgezurrt werden. Deshalb ist im Training jede Bewegung aufgezeichnet worden, um alles haarklein zu analysieren.

Nagelsmann will zwar nicht „wild durchwechseln“, aber auf einige Positionen wohl trotzdem etwas ausprobieren. „Die Offensive ist unser Prunkstück“, sagt Nagelsmann, der seinen kreativen Geistern nicht zu viele Vorgaben machen will. Sie sollen ihr Potenzial abrufen; und dann kommt es vielleicht wirklich zum Fußballfest, das sich die DFB-Fans erhoffen.

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