Barranquilla – Als Luis Diaz den Ball zum zweiten Mal ins brasilianische Tor gewuchtet hatte, verlor Vater Luis Manuel überwältigt von den Emotionen fast das Bewusstsein. In Tränen aufgelöst kämpfte der Senior auf der Tribüne sichtlich gegen die Ohnmacht. Sein Entführungsfall, der die Fußballwelt über Kolumbien hinaus zwölf Tage in Atem gehalten hatte, erlebte ein Happy End. „Das Leben macht dich stark und mutig“, sagte ein emotionaler Doppeltorschütze Diaz, „ich widme den Sieg dem Volk, das ihn verdient hat.“
Zum ersten Mal im 15. Eliminatorias-Spiel besiegten die Cafeteros den großen Rivalen Brasilien. Diaz (75., 79.) drehte das Spiel nach der Führung durch Gabriel Martinelli (4.). Die wichtigere Geschichte dieses Spiels war aber eine andere. Sie hatte eine besondere Bedeutung für Diaz, dessen Familie, das Team, ja vielleicht sogar das ganze Land. Don Manuel, erst kürzlich aus den Händen der Guerilla-Gruppe ELN befreit, rief doppelt erleichtert am Mikrofon von Noticias Caracol: „Es lebe die Freiheit, es lebe der Frieden in Kolumbien.“
Diaz’ Eltern waren am 28. Oktober von bewaffneten Männern auf Motorrädern an einer Tankstelle in der Stadt Barrancas nahe der venezolanischen Grenze entführt worden. Während die Mutter noch am selben Tag befreit werden konnte, hielt die Guerilla-Gruppe den Vater weiter fest. „Es waren schwierige Momente“, sagte Sohn Luis, der beim FC Liverpool auf Torejagd geht. Auch Brasiliens Schlussmann Alisson Becker war die Tragweite der Geschehnisse bewusst. Seinen Liverpooler Clubkollegen nahm Becker nach Schlusspfiff symbolisch innig in die Arme: „In diesen Stunden ist Fußball nur Nebensache.“
Vorerst vorbei mit harmonischer Stimmung ist es bei Weltmeister Argentinien, das im hitzigen Nachbarschaftsduell Uruguay 0:2 (0:1) unterlag. Und dies ausgerechnet vor dem „Clasico“ mit Brasilien am Dienstag in Rio de Janeiro. Dem Titelverteidiger (12 Punkte) droht im Maracana der Verlust der Tabellenführung, den Gastgebern (7) unter Interimscoach Fernando Diniz gar das Abrutschen aus den Top 6, für die es ein Direktticket zur WM ’26 gibt.
Hingegen spielt sich Uruguays (10) neue Generation, die zuvor auch Brasilien nach 22 Jahren besiegte (2:0), in den Vordergrund. „Man sieht die Handschrift von Marcelo Bielsa“, lobte selbst Lionel Messi, wie der „Uru“-Trainer in Rosario geboren, den Gegner. Messi fehlte der Rhythmus. Das erhoffte Wiedersehen mit seinem „Amigo“ Luis Suarez fand nur vor dem Anpfiff statt. Der Altstar sah 90 Minuten von der Bank aus, wie die Abwehr um Torschütze Ronald Araujo (41.) geschickt verteidigte und vorne auch dank des 2:0 seines Nachfolgers Darwin Nunez (87.) effizient die Nadelstiche gesetzt wurden. sid