München – Manchmal quält das Eishockey sein Publikum mit Torverhinderungstaktiken und Fußball-Ergebnissen. Das war bei der Neuauflage des DEL-Finales am Freitagabend nicht so: EHC Red Bull München und ERC Ingolstadt lieferten sich eine gepflegte Ballerei – mit dem besseren Ende für die eigentlich vor sich hin kriselnden Ingolstädter. Sie gewannen 5:3. Es war der zweite Sieg des Vizes gegen den Champion in dieser Saison.
Gegen Genf in der Champions League hatte der EHC einen klassischen Start nach Maß, bei dem er nach sechs Minuten 2:0 vorne lag. Zwei Tage später gegen den ERC Ingolstadt legte das Team von Trainer Toni Söderholm noch entschiedener los. 2:0 stand es da bereits in der 2. Minute, genau 98 Sekunden waren um, als sich Sten Fischer über sein erstes Tor in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) freuen durfte.
Sten Fischer ist 20, Berliner, aber seit 2017 im Red-Bull-Ausbildungssystem. In dieser noch nicht alten Saison hat sich der junge Verteidiger dreiteilen müssen: Nach wie vor gehört er zum Kader der Junioren-Mannschaft von Salzburg, die in der Alps Hockey League spielt, dreimal lief er auch für den ESV Kaufbeuren in der DEL2 auf, wofür ihn der EHC München mit einer Förderlizenz ausgestattet hat. Sten Fischers Stammhaus ist aber München, wo er zur Fraktion der U23-Spieler gehört. Weil aus dieser Altersgruppe gerade Veit Oswald und Jakob Weber erkältet ausfallen, erhielt er den Call für die DEL-Profimannschaft. Sten Fischer bewegte sich gut – und sichtbar motiviert dadurch, dass er gut in die Partie kam. Mit dem schön ins Eck gezirkelten Schuss zum 2:0 – Kapitän Patrick Hager hatte ihn angespielt, und die Kollegen gratulierten ihm alle. Das erste DEL-Tor ist ein freudiges Ereignis.
Das 1:0 hatte 34 Sekunden zuvor Trevor Parkes erzielt, das Tor wurde einer längeren Videoanalyse er Referees unterzogen und dann für korrekt befunden. Der ERC Ingolstadt stand in dieser frühen Phase neben seinen Schlittschuhen, er legte dann aber den Schalter um und setzte für den Rest des ersten Drittels eine Dringlichkeit auf, als wäre er schon im letzten Durchgang. „Leider können wir die Uhr nicht zurückdrehen“, bedauerte der Ingolstädter Neuzugang Brandon Kozun den schwachen Start.
Doch es bedurfte keiner Zeitreise, um dieses Spiel in eine andere Richtung zu drehen. Was Vizemeister Ingolstadt im zweiten Drittel zeigte, war eine Lehrstunde für den Meister: Vier Tore in viereinhalb Minuten (25. bis 30,). Es war alles dabei: zwei Powerplaytreffer, Knaller von der blauen Linie, ein Solo, bei dem Wayne Simpson sich wunderte, weder von Nico Krämmer noch Sten Fischer Widerstand zu erfahren. Mit dem 2:4 kam’s bei München zum Torwartwechsel: Mathias Niederberger löste Daniel Allavena ab. Das wiederum puschte den EHC: Filip Varejcka verkürzte auf 3:4 (34.).
Absehbar, dass auch das letzte Drittel kein Eisschach werden würde, sondern seinen Charakter als Action-Drama behielt. Es ging rauf und runter, und Ingolstadt zeigte, dass es ein funktionierendes Überzahlspiel hat. Gerade einmal zehn Sekunden saß Münchens Kapitän Patrick Hager auf der Strafbank, als ERCI-Verteidiger Leon Hüttl sich zum 3:5 durchsetzte (47.).
Der EHC brachte im Schlusspurt ohne Torhüter wenig zustande, der Meister wirkte von seinem Vizemeister entzaubert.