München – Am Mittwoch (19.45 Uhr) spielt der EHC Bull München bei Servette Genf, es ist das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions Hockey League (CHL) – und der Modus wie beim Fußball auf Europacup-Ebene. Die Resultate der beiden Partien werden addiert, und wenn sich daraus ein Gleichstand ergibt, wird eine Verlängerung angehängt und notfalls auch die finale Form der Entscheidung – im Eishockey ein Penaltyschießen. Der EHC geht mit einem 3:2-Vorsprung ins Match beim Schweizer Meister, bei einer Niederlage mit einem Tor Unterschied würde Teil eins des Szenarios eintreten: eine Overtime, gespielt mit drei gegen drei Feldspieler, Dauer maximal zehn Minuten. Passiert dabei nichts, ginge es weiter mit Penaltys. Fünf Schützen pro Team.
Die Münchner wollen in der CHL unter die Top Vier, dieses Ziel hat Trainer Toni Söderholm im Sommer unmissverständlich ausgerufen. Ein Scheitern in der Runde der besten 16 Mannschaften wäre eine schwere Enttäuschung für den Club, dem die internationale Präsenz schon aus Werbegründen wichtig ist. Müsste der EHC am Genfer See ins Penaltyschießen, wäre das für ihn keine gute Nachricht, legt man die bisherigen Erfahrungen aus dieser Saison zugrunde. Dreimal stand der EHC in einem Shoot-out – Bilanz: drei Niederlagen. Wie es noch dramatischer klingt: Aus 23 Versuchen resultierte nur ein Tor – durch Chris DeSousa am Sonntag in Schwenningen. Da setzten die Wild Wings dem Erfolg von DeSousa aber zwei souverän verwandelte Penaltys entgegen.
Auch unter Söderholms Vorgänger Don Jackson war der EHC München kein brillantes Penalty-Team. In der Saison 2021/22 sogar das schwächste der Liga mit einer Quote von 10,7 Prozent verwandelten Schüssen (3 von 28). 2022/23 gewann man in der DEL dreimal im Penaltyschießen, zweimal verlor man – die Quote war mit 53,8 Prozent aber überdurchschnittlich.
Die jetzige Saison begann mit einer 3:4-n.P.-Niederlage im CHL-Vorrundenspiel im tschechischen Vitkovice. Da dilettierten beide Teams. Freundlicher ausgedrückt: Die Torhüter glänzten. Auch Mathias Niederberger, der 13 von 14 Vitkovice-Versuchen abwehrte. Auf Münchner Seite scheiterten: DeSousa (dreimal), Austin Ortega und Ben Smith (je zweimal), Nico Krämmer, Ben Street, Markus Eisenschmid, Andi Eder, Maxi Kastner, Patrick Hager, Trevor Parkes. Am zweiten Spieltag in der DEL ging in Mannheim das Penaltyschießen verloren. Sechs Versuche, sechs Fehlschüsse – von Ortega (zwei), Krämmer, Hager, Parkes, Eder. In Schwenningen vergaben Ortega und Krämmer.
Was auffällt: Toni Söderholm vertraut auf einen bestimmten Kreis von Spielern immer wieder – ungeachtet des vorangegangenen Scheiterns. Er nominierte bislang ausschließlich Stürmer, die im Spiel naturgemäß öfter in die Situation geraten, bei einem Konter alleine auf das gegnerische Tor zuzulaufen. Etwas, das Kapitän Patrick Hager mag. Vorige Saison verriet er, dass es ihn anspornt, den Verfolger im Rücken zu spüren. Ohne diesen Druck könne er nicht performen. „Deshalb schieße ich auch keine Penaltys“, sagte er. Toni Söderholm sieht in ihm dennoch einen guten Penaltyschützen.
Wehmütig erinnert man sich in München an zwei sichere Verwerter aus der Vergangenheit: Dominik Kahun (2014 bis 2018 beim EHC) war nahezu eine Bank, er hatte einen Move perfektioniert, den er mit der Rückhand hoch ins Eck abschloss. Letzte Saison wurde Maksymilian Szuber zur Penalty-Entdeckung. Ein junger, großer Verteidiger – er widerlegte das (offensichtlich auch von Ex-Abwehrspieler Söderholm gepflegte) Klischee, dass wendige Offensivkräfte für Penaltys besser geschaffen wären. Szuber, inzwischen in Nordamerika, machte die Dinger unkompliziert rein.
Der EHC München 2023/24 ist in Sachen Penaltyschießen also etwas schwach auf der Brust. In der DEL kann man jedoch auch als Shoot-out-Versager Meister werden, denn in den Playoffs gibt es keine Penaltyschießen mehr. In der Champions League hingegen wird es erst im Finale ausgesetzt, da wird weitergespielt, bis ein Tor fällt.
Von einem Finale ist der EHC allerdings fünf Spiele und theoretisch drei Penaltyschießen entfernt.