An Weihnachten nicht zur Familie, um sich keiner Ansteckungsgefahr auszusetzen: nur eine der Maßnahmen, die Franziska Preuß in den letzten Jahren ergriffen hat. Ihr krankheitsanfälliger Körper stand der 29-Jährigen vom SC Haag öfter im Weg, als schnelle Konkurrenz oder Fehlschüsse. Die vergangene Saison brach sie im Januar ab. Dass ein Comeback stets geplant war, erzählt sie unserer Zeitung vor dem Biathlonweltcup-Start im schwedischen Östersund. Aber auch, dass das nun der letzte Versuch sein könnte.
Franziska Preuß, dass Sie direkt wieder im Weltcupteam sind – selbstverständlich oder nicht?
Für mich ist das nicht selbstverständlich, dass ich die Chance kriege. Nach so einer langen Zeit, ist vieles nicht so einfach, wie man vielleicht meint. Die Wettkampfhärte war einfach länger nicht da. Auch die Quali-Rennen haben noch nicht zu 100 Prozent funktioniert, nachdem ich im Oktober zwei Wochen etwas erkältet war. Daher freue ich mich über den Vertrauensvorsprung der Trainer wirklich. Und in dieser Trainingswoche ist es konditionell etwas vorwärts gegangen. Daher bin ich jetzt recht zuversichtlich.
Sie sind nach den Vorbereitungsrennen in norwegischen Sjusjoen in Skandinavien geblieben, oder?
Genau, die Trainingsbedingungen sind hier oben super. Ein Teil der Mannschaft ist zwar auch noch mal heim, aber ich wollte so kurz vor Saisonstart den Reisestress und die Ansteckungsgefahr an Flughäfen vermeiden.
Wegen Ihrer Gesundheit haben Sie die letzte Saison abgebrochen. Hat die Pause auch mental gutgetan? Sie waren reisen und haben Abstand gewonnen…
Definitiv. Es gibt zwei Tanks in einem. Einen mit körperlicher Energie und einen mit mentaler. Beide waren bei mir mehr als angeknockt. Aber das war schon seit dem vorherigen Olympiawinter der Fall, der hat viel Energie gezogen. Direkt nach der Saison, nach Peking, wo man sich erholen sollte, hat es mich total erwischt gesundheitlich. So hatte ich nie Zeit, wirklich mal einen Monat in Ruhe zu regenerieren und die leeren Tanks aufzufüllen. Mit diesen bin ich dann in die Trainingssaison gestartet.
Also haben Sie sich schon vor der Saison nicht gut gefühlt?
Ja. Aber der Körper ist keine Maschine, so funktioniert er nicht. Als Sportler hofft man trotzdem auf das Beste, nach dem Motto: das wird schon wieder. Aber der Körper hat so viele Signale gesendet, ich habe mich kaum mehr richtig erholt und gefühlt, dass etwas nicht stimmt. Daher war es dann die einzig richtige Entscheidung, im Januar zu stoppen.
Hat das Mentale zu sehr unter dem Gesundheitlichen gelitten?
Es hängt zusammen Sich nach jedem gesundheitlichen Rückschlag gut zuzureden, die Situation anzunehmen und zu motivieren, kostet Kraft. Das zieht mehr Energie als einfach nur Woche zu Woche Rennen zu laufen. Die Saison, durch die ich mal relativ gesund gekommen bin, habe ich mental auch als viel weniger anstrengend empfunden.
Sie meinen den Winter 2020/21 zur Corona-Hochzeit, als Sie Dritte im Gesamtweltcup wurden. Sind diese Hygienemaßnahmen ein Ansatz?
Mei, ich probiere seit Jahren, das zu optimieren und gehe damit alles andere als leichtfertig um. Mehr steht nicht in meiner Macht. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, was ich noch mehr machen könnte. Es ist schon so weit, dass man an Weihnachten die Familie nicht mehr sieht.
Bei diesen Opfern, die Sie für den Sport bringen und der langen Pause nun – war immer sicher, dass es ein Comeback gibt?
Doch schon. Bei der Entscheidung war klar, dass wenn ich es jetzt richtig anstelle, noch mal zurückkommen kann. Das war gleichzeitig die Motivation. Aber es ist auch so, dass es jetzt entweder funktioniert und ich wieder Spaß daran habe – oder mich dann doch anders entscheiden muss. Weil ich wollte es auf alle Fälle noch mal probieren und habe dafür jetzt viel aufgewendet und mich komplett reingehauen. In der Hoffnung, das es sich auch lohnt.
Also wieder Top-Platzierungen herausspringen?
(lacht) Also erstmal, dass ich wieder reinfinde in das Ganze, die Wettkampfhärte kriege, die Routine. Die Trainingsleistungen in den Wettkampf zu bringen, ist Schritt Eins. Wenn das gut gelingt, der Körper mitspielt, dann war ich schon immer ein Freund davon, kurzfristig realistische Ziele zu finden.
Interview: Thomas Jensen