Wien – Kurz nach Mitternacht verschoss sogar Amor seine Pfeile im Ernst-Happel-Stadion. „Ich liebe meine Jungs. Ich liebe diese Mannschaft, weil sie einfach genau so, wie sie ist, richtig ist“, gestand Ralf Rangnick mit einem zärtlichen Lächeln im Gesicht seine Zuneigung: „Sie spielen wie Freunde, wie ein echter, verschworener Haufen. Es war ein wunderschöner Abschluss des Fußballjahres.“
Dass sich der deutsche Trainer der österreichischen Nationalmannschaft beim souveränen 2:0 (1:0) gegen sein Heimatland an einem denkwürdigen Abend in Wien in seine Schützlinge verliebte, hatte eine Vielzahl von Gründen. „Es war in meiner Amtszeit in den vergangenen 18 Monaten in Summe sicher das beste Spiel“, lobte Rangnick seine Mannschaft: „Die Jungs haben all die Punkte, die wir ihnen mit auf den Weg gegeben haben, umgesetzt. Wir hatten zu jeder Phase das Spiel unter Kontrolle.“ Der Coach schürte im Anschluss an den „verdienten Sieg“ vor 46 000 begeisterten Fans durch die Tore der Bundesliga-Profis Marcel Sabitzer (29.) und Christoph Baumgartner (73.) sogar die Euphorie mit Blick auf die EM-Endrunde im kommenden Jahr in Deutschland.
„Wir wollen weiterkommen, das ist klar. Egal, in welcher Gruppe wir sind“, sagte der 65 Jahre alte Schwabe voller Zuversicht: „Wenn wir alle an Bord haben, können wir jeden Gegner schlagen. Dann ist mir bei der EURO nicht bange.“
Dass er damit für eine zu hohe Erwartungshaltung sorgen könnte, fürchtet der Trainer nicht. „Dafür sind die Jungs viel zu intelligent und bodenständig“, betonte Rangnick: „Es ist keiner dabei, der denkt, wir sind Real Madrid oder das rot-weiß-rote Ballett. Wir kommen ganz klar über die Einstellung und Mentalität.“ Das unterstrich auch Xaver Schlager. „Es war eine super Leistung. Für das nächste Jahr heißt das aber gar nichts, wir fangen dann wieder bei null an“, sagte der Mittelfeldspieler von RB Leipzig. Stürmer Michael Gregoritsch vom SC Freiburg betonte, dass „wir bei der EURO eine gute Rolle“ spielen wollen. Und Konrad Laimer vom FC Bayern betonte, dass es „aktuell wirklich Spaß macht, für das Nationalteam zu spielen.“
Warum das beim Gegner seit langer Zeit nicht mehr so ist, wollte Rangnick zwar nicht kommentieren – einen vielsagenden Satz ließ der Trainer aber doch fallen: „Am Ende ist es ein Mannschaftssport.“ Und da seine Schützlinge dieses Motto beherzigen, wurde Rangnick auch noch einmal ganz liebevoll. Er wünschte allen „eine schöne Vorweihnachtszeit, schöne Weihnachten und einen guten Rutsch“ – und lächelte dabei fast so zärtlich wie bei der Liebeserklärung an seine Spieler. sid