2011 stieg Hasan Ismaik als „Retter“ beim TSV 1860 ein. Sechs Jahre später ließ er sein Investment von der 2. in die 4. Liga absteigen – weil der Verein nicht auf seine unerfüllbaren Forderungen eingehen wollte. Wiederum sechs Jahre später hat die Kooperation, die nie eine war, einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Diesmal ist es der Mutterverein (e.V.), der den Aufstand probt. Das Präsidium will Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer an diesem Freitag ein Kündigungsschreiben überreichen. Eine wohl kalkulierte Eskalation. Der Verein stellt sich damit demonstrativ gegen einen Angestellten, den Ismaik und Teile der Sponsoren kurz zuvor für unantastbar erklärt hatten.
Pfeifer den Laufpass zu geben, ist eine Entscheidung, die das fragile Konstrukt TSV 1860 vor eine ultimative Zerreißprobe stellt. Pfeifers Vertrag hätte sich ohne Kündigung über den 30. Juni 2024 hinaus verlängert. Der Verein muss nicht nur 50+1 ziehen, um den Geschäftsführer der KGaA loszuwerden. Er wird auch 50+1 benötigen, um einen Nachfolger einzustellen, denn Ismaik hat bereits angekündigt, keine Personalentscheidung des Minderheitsgesellschafters mitzutragen. Exakt die Regelung, auf deren Ende der Investor seit Jahren hofft, wird nun zweimal in Folge gegen ihn angewendet. Egal wie man zu Ismaik steht, er wird diesen Schritt als Provokation ansehen – und exakt so ist es auch gedacht von e.V.-Funktionären, die sich am atmosphärischen Nullpunkt für den Weg der Maximalkonfrontation entschieden haben.
Die unausweichlichen Folgen: Anwälte werden sprechen, schmutzige Details ans Tageslicht kommen. Die Gesellschafter werden wie bisher mit härtesten Bandagen kämpfen: Lügen, Intrigen, Erpressung, Mobbing. Beide Seiten stehen sich bei der Wahl der Waffen in nichts nach. Dass nun eine Schlammschlacht daraus wird, ist nur konsequent, wenn man sieht, wie sich die „Partner“ alleine in diesem Kalenderjahr blockiert und bekämpft haben. Da war die Trennung von Trainer Köllner (gegen Ismaiks Willen), die Flucht von Sportchef Gorenzel (vom e.V. lange gestützt), die Installation eines Köllner-Nachfolgers (Jacobacci), den nur eine Seite wollte, der Unwille, sich auf einen neuen Sportchef zu einigen. Leidtragender war der Fußball, der im lähmenden Machtkampf endgültig zum Nebenschauplatz wurde.
Apropos Fußball. Vergleicht man das 2011 angepfiffene Gegeneinander von Ismaik und seinem Verein mit einem Fußballspiel, würde man von einer überhart geführten Partie sprechen, ohne sportliche Höhepunkte. Mehrere Akteure beider Seiten hätten bereits die Rote Karte sehen müssen. Es läuft gerade die 85. Minute.
Der Ausgang des emotionalen Duells? Komplett offen! Sicher scheint nur, dass dieses Endspiel kurzfristig keinen Gewinner hervorbringen wird. Um Schaden von der Marke TSV 1860 abzuwenden, sollten sich beide Seiten auf einen Spielabbruch einigen, sich die Hand geben und das größte Missverständnis in der Geschichte des Traditionsvereins beenden, indem die völlig enthemmten Gegner wenigstens professionell auseinandergehen.