Östersund – Im Rennen gegen die Uhr kämpfte Franziska Preuß um jede Sekunde, im Ziel angekommen fiel sie völlig entkräftet in den kalten Schnee von Östersund. Der Blick auf die Anzeigetafel verriet: 0,1 Sekunden, verflixte 0,1 Sekunden fehlten auf Siegerin Lisa Vittozzi aus Italien (44:03,9 Minuten/1 Fehler) und damit zum perfekten Comeback in den Biathlon-Weltcup.
Doch von Enttäuschung war bei Preuß, die alle 20 Scheiben traf, keine Spur. „Ich bin super zufrieden, vor allem mit der Leistung am Schießstand. Es hat richtig Spaß gemacht“, jubelte Preuß nach dem Rennen am ARD-Mikrofon. Der knappe Abstand sei „natürlich ein bisschen ärgerlich“, dennoch sei sie aber „jetzt erst mal erleichtert“.
Das kann die 29-Jährige vom SC Haag auch sein, hat sie doch eine lange Leidenszeit hinter sich. Im vergangenen Winter hatte sie nach zahlreichen Krankheiten und Verletzungen die Notbremse ziehen müssen und die Heim-WM in Oberhof verpasst. „Der Körper war einfach am Ende“, hatte Preuß vor dem Saisonstart gesagt.
In Östersund meldete sie sich nun mit einem Knall zurück in der Weltspitze – und ließ die Sorgen um eine entstandene Lücke nach dem Rückritt von Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick erstmal verschwinden. „Die letzten Wochen waren nicht so einfach. Von daher bin ich mega stolz auf mich. Es fallen 1000 Steine runter“, sagte die glückliche Staffel-Weltmeisterin von 2015. Geht es so weiter, ist ihr zweiter Weltcupsieg nach dem Massenstart im heimischen Ruhpolding am 20. Januar 2019 nur eine Frage der Zeit.
Hinter Preuß rundeten Vanessa Voigt mit Platz drei (0/+10,1) und die Chiemgauerin Sophia Schneider (1/+1:01,0 Minuten) als Fünfte das überragende Ergebnis der Mannschaft des Deutschen Skiverbandes (DSV) ab. „Das hatten wir uns nicht erträumt“, so Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer: „Die Mädels haben das am Schießstand super gemacht.“
Voigt selbst war von ihrer starken Leistung „ein bisschen überrascht“ und haderte nach dem Einzel mit einem „verschlafenen“ Start in das Rennen: „Nichtsdestotrotz bin ich jetzt sehr zufrieden.“ Janina Hettich-Walz (3/+3:02,9) erreichte Rang 23, die Garmisch-Partenkirchnerin Hanna Kebinger belegte an ihrem 26. Geburtstag Platz 38 (3/+4:05,5). Nachwuchstalent Selina Grotian vom SC Mittenwald (7/+7:30,0) wurde 77.
Am Samstag war die deutsche Mannschaft noch jeweils am Podium vorbeigelaufen. Beim Heimsieg der Schweden erreichten Justus Strelow und Kebinger in der Single-Mixed-Staffel mit einer Minute Rückstand und sieben Nachladern Platz sieben. Im Mixed-Wettbewerb belegten Roman Rees, Philipp Nawrath, Schneider und Voigt Platz vier (+55,7 Sekunden), Frankreich gewann vor Norwegen und Italien.
Leistungen, die nach dem zweiten Einzel am Sonntag niemanden mehr interessierten. Dort setzten Rees und Strelow nach Preuß‘ Erfolg noch einen drauf und feierten einen Doppelsieg. Rees llief in 51:27,2 Minuten (1 Fehler) zum ersten Weltcupsieg seiner Karriere.
„Unglaublich. Ich war mir so lange nicht sicher, ob das wirklich wahr sein kann“, sagte Rees im Anschluss am ARD-Mikrofon: „Ich habe mich heute locker gefühlt und auf das Einzel gefreut.“
Auch Strelow stand erstmals in einem Einzelwettbewerb auf dem Podest, zuvor war ihm dies nur mit der Staffel gelungen. „Ich bin happy, dass es mit dem Podium geklappt hat“, so der 26-Jährige, der mit einem Fehler 12,1 Sekunden Rückstand hatte. Für die Männer des Deutschen Skiverbandes (DSV) war es der erste Doppelsieg seit dem 8. Januar 2017, als Simon Schempp im Massenstart vor Erik Lesser gewann.
Platz drei in Schweden ging an den norwegischen Dominator Johannes Thingnes Bö (2/+25,0). Auch Benedikt Doll, der am Samstag noch angeschlagen pausiert hatte, beendete mit Platz neun (2/+55,6) das Rennen in den Top Ten. Johannes Kühn wurde 17. (2/+1:50,1), Philipp Nawrath (4/+2:41,4) kam als 29. ins Ziel, der gebürtige Starnberger David Zobel belegte den 43. Platz (4/+3:58,4).
„Ein toller Tag. Da muss man ein bisschen zurückdenken, dass es in beiden Geschlechtern so aufgegangen ist“, sagte DSV-Sportdirektor Felix Bitterling, der nach den Sorgen um das Skiwachs des Teams explizit die Skitechniker des DSV lobte: „Die haben einen super Job gemacht.“