Risiko und Rotation

von Redaktion

Hohe Belastung für Bayern – Tuchel muss überlegen, wie er damit umgeht

VON MANUEL BONKE

München – Das Wochenende nach dem 1:0 (1:0) am Freitagabend beim 1. FC Köln hatten die Spieler des FC Bayern frei. Und zwar komplett. Darum bevorzugte der Münchner Reisetross auch einen Nachtflug aus Köln, der gegen 1.30 Uhr in Manching landete. Das bayerische Star-Ensemble konnte also endlich mal wieder im eigenen Bett schlafen und sowohl Samstag als auch Sonntag die Akkus bei den Familien aufladen. Kein Auslaufen der Startelf, kein Spielersatztraining der Reservisten. Einfach nur die Füße hochlegen. Verständlich, nach etlichen englischen Wochen, den jüngsten Länderspielreisen und dem direkten Bundesliga-Aufgalopp in der Domstadt.

„Die Bedingungen waren extrem schwierig. Wir waren platt nach der Länderspielpause, und dann noch das Freitagsspiel. Wir waren hochprofessionell“, fasste Leon Goretzka (28) den Gemütszustand der Nationalspieler treffend zusammen. Daher war es in den Augen von Manuel Neuer (36) wichtig, dass die Mannschaft nach den Länderspielen einige Tage freihatten. „Einige hatten weite Reisen“, sagte der Kapitän und dachte vor allem an Minjae Kim (27): „Ich weiß nicht, wie viel Uhr es jetzt in Südkorea ist – aber dann hier abends in Köln über 90 Minuten durchzuspielen, das ist schon eine große Leistung.“ Kim war nicht der einzige Münchner, der die gesamte Spieldauer auf dem Platz stand, da Thomas Tuchel (50) auf Wechsel verzichtete.

„Die Spielkontrolle war so hoch und der Spielstand war so knapp. Ich war sehr zufrieden mit allen auf all ihren Positionen“, gab der Bayern-Trainer einen Einblick in seien Gedankenwelt. Zwar hätte das Trainerteam überlegt, frische Kräfte wie Thomas Müller (34), Raphael Guerreiro (29) oder Mathys Tel (18) zu bringen, aber die Zeit „ging sehr schnell vorbei. Plötzlich war schon die 70. Minute, dann war schon die 80. Minute. Es ist die ganz große Ausnahme, dass wir gar nicht wechseln.“

Beim FC Bayern hatte es das schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gegeben. Fast genau 13 Jahre nicht mehr. Louis van Gaal war im Dezember 2010 der bislang letzte Bayern-Coach, der in der Liga nicht ausgewechselt hatte. „Die sollen alle den Spirit beibehalten, den sie heute gezeigt haben, und es mir nicht übel nehmen.“

Torhüter Neuer konnte die Entscheidung nachvollziehen und argumentierte ähnlich: „Es war wichtig, weil wir eine so gute Struktur hatten. Dann hat vielleicht so ein bisschen die Idee gefehlt, welche Spieler er rausnimmt und rein bringt – weil wir das Spiel kontrolliert hatten.“

Tuchel riskierte also mögliche Verletzungen, um den wichtigen Auswärtssieg in Köln nicht zu gefährden. Das hatte nach seinen jüngsten Aussagen über den körperlichen und mentalen Verschleiß der Top-Spieler freilich ein Geschmäckle. „Wir haben heute nicht müde gewirkt, aber die Thematik bleibt die gleiche, auch wenn wir es widerlegt haben. Sie können die Jungs fragen, die heute durchgespielt haben“, antwortete der Coach auf Nachfrage.

Immerhin: Das anstehende Champions-League-Heimspiel gegen Kopenhagen am Mittwoch (21 Uhr, DAZN) bietet den perfekten Rahmen zur Rotation, schließlich stehen die Bayern bereits souverän im Achtelfinale und nominelle Einwechselspieler wie Tel oder Müller brennen darauf, den Trainer von ihren Startelf-Qualitäten zu überzeugen.

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