„Das ging alles ratzfatz“

von Redaktion

Von Fürstenfeldbruck nach Ohio – Münchner Hero Kanu spielt Football vor über 100 000 Fans

VON NICO-MARIUS SCHMITZ

München/Ohio – Klar, die Anreise mit dem eigenen Teamflugzeug zu Auswärtsspielen, die schicken Anzüge, alles toll. „Aber wenn wir zurückkommen“, erzählt Hero Kanu mit einem Lachen: „gibt es für alle Eiscreme und das ist das Beste.“

Kanu weiß die Vorzüge seines Sportler- und Studentenlebens in Amerika zu schätzen. In München geboren, in Geltendorf aufgewachsen und 2019 das erste Mal mit Football in Berührung gekommen. Durch einen Freund, mit dem er früher immer Fußball gespielt hatte und der zu dem Zeitpunkt für die Fursty Razorbacks in Fürstenfeldbruck auflief. „Irgendwie konnte ich es sofort, ich habe ein natürliches Talent für Football. Mit mir als Starter haben wir kein einziges Spiel verloren“, sagt der Defensive Tackle.

Brandon Collier, der mit seiner Agentur „Premier Players International (PPI)“ Talente für den College Football rekrutiert, wurde auf Kanu aufmerksam, trainiert mit ihm und empfahl ihm den Wechsel auf eine amerikanische Schule. „Meine Mutter fand das nicht so cool, ich war da erst 15 und musste sie überreden. Mit 16 war ich dann auch schon drüben.“

Auf der Santa Margarita Catholic High School überzeugte Kanu. Insgesamt 27 Colleges wollten das Juwel für ihr Football-Programm verpflichten, außergewöhnlich für einen europäischen Spieler. „Wir sind mit dem Van dann durch die ganze USA gereist und haben Colleges besucht“, erzählt Kanu. Georgia, Alabama, Florida, Pennsylvania, Ohio, Texas, Oklahoma.

Der heute 19-Jährige entschied sich für die renommierte Ohio State University (Sportetat von über 200 Millionen Euro) und die Buckeyes, die zur absoluten Elite zählen. College-Football ist in manchen Staaten Amerikas noch beliebter als die National Football League, die TV-Übertragungen erreichen ein Millionenpublikum, die Spiele finden in riesigen Stadien mit teilweise über 100 000 Zuschauern statt. „Ich erinner mich an mein erstes Spiel, bei Notre Dame. Abends um 19 Uhr. 105 000 Fans, Feuerwerk, das kannst du gar nicht beschreiben. Es war einfach verrückt, Gänsehaut.“ Bei den ersten Spielzügen dachte Kanu, er könne nicht mehr atmen, die Beine fühlten sich wie Blei an.

Doch mittlerweile hat er sich an die riesigen Stadien und das hohe Niveau gewöhnt. Es läuft sein zweites Jahr, drei weitere darf er noch College-Football spielen, dann soll der Sprung in die NFL folgen. Kanu ist 1,95 m groß, wiegt 139 Kilo. Beim Kreuzheben schafft er 328 Kilogramm. „Nichts wildes“, sagt er. Trotz der Masse überzeugt der Münchner mit seiner Athletik, mit schnellen Bewegungen, zumindest über ein paar Meter.

2019 die Anfänge in Fürstenfeldbruck, 2023 Ohio State: „Das ging alles ratzfatz.“ Ja, die ersten Monate damals waren ein bisschen schwierig. Alles neu, alles so groß „und man hat den Akzent, manchmal machen sich Leute darüber lustig.“

Aber über den Sport ist Kanu mit den Leuten ins Gespräch gekommen, hat seine besten Freunde gefunden, wohnt mit dem Center der Buckeyes in einer eigenen Wohnung: „Das ist cool, man fühlt sich schon erwachsen.“ Viel Freizeit bleibt neben Sport und dem Business-Studium nicht. Für Kanu ist das der Preis, wenn man mal groß rauskommen möchte.

Und sollte es mit der NFL nicht klappen, gibt es auch Plan B und Plan C. Trainer sein, eine eigene Bäckerei führen. In der Kindheit habe er zum Frühstück immer acht Brezelstangen mit Nutella verdrückt. Auch Weißwurst und Leberkas fehlen ihm in Amerika ein wenig.

Doch das wird dann beim nächsten Besuch in der Heimat nachgeholt. „Ich freue mich schon auf meine Familie“, sagt Kanu: „Meine Mutter, die nie was mit Football anfangen konnte, ist jetzt der größte Fan. Sie schaut teilweise mehr Spiele als ich.“

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